Eintritt nur für Geimpfte und Genesene. Aber als genesen gilt man in Österreich derzeit ohne weitere Impfung für maximal 180 Tage.

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Es ist eine große Gruppe, und täglich wächst sie weiter: Die Rede ist von Genesenen. 1,13 Millionen Menschen sind bisher in Österreich offiziell von einer Corona-Infektion genesen. Über ihren genauen Status in der Pandemie wird schon länger gestritten. Wie gut ist ihr Schutz vor einer Reinfektion, und wie lange hält er an? Beim grünen Pass sind Genesene ohne zusätzliche Impfung gegenüber doppelt Geimpften schlechtergestellt. Für die erste Gruppe gilt der grüne Pass 180 Tage, für die zweite 270.

Neue Daten der Gesundheitsagentur Ages ermöglichen nun einen etwas genaueren Einblick in die epidemiologische Situation der Genesenen. Seit kurzem zeigt die Ages in ihren Berichten die Corona-Inzidenzen nicht nur aufgeschlüsselt nach Geimpften und Ungeimpften. Hier ist der Unterschied bekanntermaßen extrem groß: Bei Ungeimpften über zwölf Jahren lag die 14-Tage-Inzidenz Anfang Dezember bei 3.166 Fällen je 100.000 Personen aus dieser Kategorie. Bei vollständig Geimpften lag diese Inzidenz bei 459, also um ein Vielfaches niedriger.

Die Ages hat nun zusätzlich eine Kategorie an Personen mit "unvollständigem Immunschutz" eingeführt, die diesen auf natürlichem Weg, also via Infektion, erworben haben. In die Gruppe fallen alle, die eine Corona-Infektion durchgemacht haben, wenn der Zeitpunkt der Genesung mehr als 180 Tage zurückliegt. Dazu gehören auch Personen, die geimpft und genesen sind, wobei das letzte immunologische Ereignis mehr als 180 Tage zurückliegt.

Niedrige Inzidenz

Diese drei Untergruppen werden vom Nationalen Impfgremium als Personen mit unzureichendem Immunschutz definiert. Bei Genesenen wird nach sechs Monaten eine Auffrischungsimpfung empfohlen. Die Daten der Ages zeigen nun aber, dass bei unvollständig Immunisierten Corona-Infektionen ähnlich selten sind wie bei vollständig Geimpften. Die erwähnte 14-Tage-Inzidenz lag hier Anfang Dezember bei 436 Fällen je 100.000.

Am längeren Verlauf der Sieben-Tage-Inzidenz ist zu erkennen, dass Ungeimpfte das mit Abstand höchste Risiko einer Corona-Infektion tragen. Unvollständig natürlich Immunisierte erscheinen aber ähnlich gut geschützt zu sein wie vollständig via Impfung Immunisierte. Nur die Gruppe der Genesenen, die dann noch eine Impfung bekommen haben oder doppelt geimpft und dann genesen sind, hat eine noch niedrigere Inzidenz. Hier muss aber das letzte immunologische Ereignis weniger als 180 Tage zurückliegen.

Was sagt das nun aber über den Status der Genesenen im Hinblick auf die aktuell in Österreich noch dominante Delta-Variante, nur um diese geht es hier zunächst. Ein Hintergrundgespräch mit der Ages gibt Aufschluss. Sicher ist, dass Genesene, die einmal geimpft sind, einen guten Infektionsschutz haben – selbst wenn die Impfung über 180 Tage zurückliegt. Warum diese Gruppe unvollständig immunisiert sein sollte, wie das Nationale Impfgremium meint, ist aus diesen Daten nicht herauszulesen.

Bei Genesenen, die nie geimpft wurden, lohnt ein genauer Blick. Ihre Inzidenz ist zwar deutlich niedriger als jene der Menschen, die gar keine Immunität haben weil sie nie geimpft wurden. Aber Genesene ohne Impfung haben laut Ages-Daten eine höhere Inzidenz als vollständig Geimpfte.

Wobei ein Unterschied beachtet werden sollte, so die Ages. Zu der Gruppe der Genesenen, um die es hier geht, gehören auch Menschen, die schon vor 15 oder 18 Monaten erkrankt und gesundet sind. Ihr Infektionsschutz ist deutlich schlechter ausgeprägt als bei Genesenen, die diesen Status irgendwann 2021 erhalten haben. Ist das schon länger als 180 Tage her, gilt auch diese Gruppe als "unvollständig" immunisiert. Für sie gibt es keinen grünen Pass (bei Genesenen, die sich dann impfen lassen, gilt der grüne Pass 270 Tage ab Impfung), sie sind aktuell sogar im Lockdown.

Die Ages arbeitet daran, bald eine eigene Auswertung nur zu Genesenen, ohne weitere Impfung, zu veröffentlichen.

Wie umgehen mit Genesenen?

Genauere Zahlen zu ihrem Status wären wichtig: Unter Virologen wird debattiert, wie mit Genesenen umzugehen ist. Unbestritten ist, dass auch ihr Immunschutz mit der Zeit abfällt. Doch gibt es eben Zweifel, ob eine Ungleichbehandlung zwischen Geimpften und Genesenen wie beim grünen Pass gerechtfertigt ist. "Genesene sind, solange die Delta-Variante kursiert, genauso gut geschützt wie Geimpfte", sagt die Innsbrucker Virologin Dorothee von Laer. "Sie wären gleichzusetzen." In der Schweiz ist das der Fall, dort gelten Impf- und Genesenenzertifikat für ein Jahr.

Transparente Daten, die Entscheidungen wie beim grünen Pass nachvollziehbar machen, wären auch essenziell, weil mit Omikron neue Regeln kommen. Daten einer Studie aus Südafrika zeigen eine Verdoppelung bis Verdreifachung des Risikos, sich mit der Variante trotz überstandener Infektion anzustecken.

Zahlen aus Großbritannien gehen von einem drei- bis achtfachen Risiko aus, wobei es Hoffnung gibt, dass frühere Infektionen weiter vor schweren Verläufen schützen. Bei zweifach Geimpften ist der Risikoanstieg ähnlich. Der Schutz vor Erkrankungen bei Omikron dürfte erst durch eine Booster-Impfung stark steigen, und auch Genesene, die einmal geimpft sind, dürften besser geschützt sein. (András Szigetvari, 15.12.2021)