Stellte auf einer historischen Pressekonferenz am 9. November 1989 in Ostberlin die Frage nach dem Reisegesetz: Riccardo Ehrman.

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Rom – Der italienische Journalist und ehemalige Korrespondent der italienischen Nachrichtenagentur Ansa, Riccardo Ehrman, ist in Madrid im Alter von 92 Jahren gestorben. Das berichtete seine Frau Margherita. Ehrman hatte auf einer historischen Pressekonferenz am 9. November 1989 in Ost-Berlin dem Chef der staatlichen DDR-Nachrichtenagentur ADN, Günther Pötschke, der Mitglied im SED-Zentralkomitee war, die Frage gestellt, die die Welt veränderte: die nach dem Reisegesetz.

Es war genau 18.53 Uhr, als SED-Spitzenfunktionär Schabowski auf einer internationalen Pressekonferenz in Ost-Berlin zum neuen DDR-Reisegesetz stockend verkündete: "Das tritt nach meiner Kenntnis... ist das sofort...unverzüglich". Ehrman hatte gefragt, wann die Erleichterungen zum Reisegesetz in Kraft treten würden. Mit seiner Antwort verkündete Schabowski de facto, dass die Berliner Mauer gefallen war.

"Die Mauer ist weg"

"Ich glaube, ich war der Einzige, der wirklich gleich verstanden hat. Ich bin sofort raus und habe ein Fernschreiben an meine Zentrale in Rom geschickt: 'Die Mauer ist weg.' Meine Kollegen dort haben erst gedacht: 'Der Riccardo ist verrückt geworden.' Und die Meldung ein paar Minuten zurückgehalten. Aber dann haben sie sie doch gesendet", erzählte der Journalist Jahre später.

Jedes Jahr vor dem 9. November, dem Jahrestag des Falls der Berliner Mauer, suchten Zeitungen, Radio- und Fernsehsender in Deutschland, Italien und anderen Ländern Riccardo Ehrman für Interviews und Erinnerungen an diesem historischen Tages auf. Ehrman lebte mit seiner Frau Margherita im historischen Zentrum der spanischen Hauptstadt. Er war polnisch-jüdischer Herkunft und wurde am 4. November 1929 in Florenz geboren. Im Alter von 13 Jahren wurde er im Internierungslager von Ferramonti di Tarsia in der süditalienischen Provinz Cosenza inhaftiert, wo er im September 1943 von den Briten befreit wurde.

Nach Stationen in Kanada und New York wurde Ehrman Mitte der 1970er-Jahre von Ansa als Korrespondent nach Ostberlin entsandt, wechselte 1982 in das Korrespondenzbüro in Neu-Delhi und kehrte 1985 nach Ost-Berlin zurück. Im Jahr 1991 übernahm er die Leitung des Ansa-Büros in Madrid, wo er bis zu seiner Pensionierung tätig war. Er hinterlässt einen Sohn aus erster Ehe. (APA, 15.12.2021)