Im nächsten Jahr soll der private Konsum um mehr als fünf Prozent zulegen.

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Wenige Regierungen in Europa sind bei der Herausgabe von Anordnungen im Pandemiemanagement so eifrig wie jene Österreichs. Alle paar Wochen kommen neue Regeln und neue Verordnungen heraus. Getestet wird auch in keinem anderen Land so viel. Dennoch war Österreich nach Lettland das erste und gemeinsam mit der Slowakei bisher einzige europäische Land, das im Herbst 2021 in einen weiteren Lockdown musste – den vierten bundesweiten Lockdown, für die Ostregion war es bereits der fünfte.

Die Wirtschaft des Landes hat sich allerdings schon einigermaßen auf dieses Szenario eingestellt. Das ist eine der möglichen Sichtweisen auf die am Mittwoch vorgelegte Konjunkturprognose der Forschungsinstitute Wifo und IHS.

Lockdown-Kosten: Vier Milliarden Euro

Laut Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hat der soeben zu Ende gegangene Lockdown gut vier Milliarden Euro an Wertschöpfung gekostet. Allerdings war die Entwicklung in den Quartalen davor etwas besser als gedacht. Das Wifo hat seine Erwartungen entsprechend nur leicht nach unten korrigieren müssen und rechnet nun im Wesentlichen weiter mit einem robusten Wirtschaftswachstum von 4,1 Prozent für heuer. Im kommenden Jahr sollen es 5,2 Prozent sein. Das IHS erwartet 4,3 Prozent Wirtschaftswachstum heuer und 4,2 Prozent im kommenden Jahr, ist also insgesamt etwas pessimistischer.

Das internationale Umfeld ist trotz Problemen bei den Lieferketten nicht schlecht, vor allem aber sind Konsumenten in Österreich – wenn es denn einmal wieder geht und Geschäfte offen sind – in Kauflaune, und auch Unternehmensinvestitionen sind robust. Daher ein gewisser Optimismus der Ökonomen.

Was auch helfen sollte: 2022 und 2023 werden Lohnzuwächse und das Inkrafttreten der Steuerreform trotz hoher Inflation zu merklichen Einkommenssteigerungen führen, so die Ökonomen. Die in der Krise dicker gewordenen Sparguthaben würden den Konsum stützen, die Sparquote werde schon 2022 unters Vorkrisenniveau sinken.

Allerdings ist die Prognose mit einer Unsicherheit behaftet, und diese heißt Omikron. Die Szenarien der Wirtschaftsforscher gehen nämlich von keinem weiteren Lockdown 2022 aus, der Wintertourismus findet in den Prognosen statt, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Aus aktueller Sicht wirken diese Annahmen angesichts der Omikron-Variante recht optimistisch.

Österreich muss erst aufholen

Wenig war bei der Prognose auch davon zu hören, dass die Wirtschaft in Österreich, robustes Wachstum hin oder her, immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau liegt. Zur Erinnerung: Das Bruttoinlandsprodukt ist 2020 um 6,7 Prozent eingebrochen.

Die Inflation bleibt ein Thema und dürfte 2022 hoch bleiben und erst 2023 durch ein Nachlassen der hohen Rohstoffpreise deutlich gedämpft werden, sagt das Wifo, das für 2022 sogar noch mit einem Anstieg der Teuerung von heuer 2,8 auf 3,3 Prozent rechnet.

Einen interessanten Aspekt gibt es bei der Inflation: Der Preisdruck kommt auch wegen der Rückerhöhung der Umsatzsteuer. In Österreich wurde die Umsatzsteuer mit 1. Juli 2020 temporär gesenkt, und zwar bis Dezember 2021. Für Übernachtungen gilt seither ein Tarif von fünf und nicht zehn Prozent. In der Gastronomie wurde die Umsatzsteuer für Speisen und Getränke ebenfalls auf fünf Prozent gesenkt. Davor galten für Getränke 20 und für Speisen zehn Prozent.

Sie haben nichts davon bemerkt? Kein Wunder: Laut Beobachtungen von Ökonomen haben Unternehmen die Senkung der Steuer im Wesentlichen einbehalten und nicht in Form von günstigeren Preisen weitergegeben – das war auch die Idee der Regierung, die mit der Aktion Gastronomie und Hotels eine Finanzspritze zukommen lassen wollte.

Bemerkenswert: Das Wifo rechnet nun damit, dass ein großer Teil der Wiedererhöhung, mindestens 40 Prozent, von Unternehmen an Konsumenten weitergegeben wird. Das IHS erwartet, dass 20 Prozent der Erhöhung weitergegeben werden.

Wifo-Chef Felbermayr erklärt das so: Wenn Gastronomie, vor allem aber Hotellerie wieder offen sind, ist die Nachfrage gut, das sei schon in den vergangenen Monaten sichtbar gewesen. Unter diesen Umständen ist es für Unternehmen einfach, Preiserhöhungen auf Konsumenten überzuwälzen – selbst wenn sie die Senkung im vergangenen Jahr einbehalten haben. (András Szigetvari, 15.12.2021)