Eine kleine Gemeinde im steirischen Mürztal kommt im Zuge der großen österreichischen Bahnprojekte buchstäblich unter die Räder. In Hönigsberg, einem Dorf nahe Mürzzuschlag, wurde der dortige Bahnhof zugenagelt und bleibt wohl nun endgültig geschlossen.
Für die stolze obersteirische Schwerindustriegemeinde ein Prestigeverlust. Ein Bahnhof signalisiert immerhin, dass dieser Ort, diese Haltestelle, es wert ist, dass die Bahn dort stehen bleibt. Nun aber ist Schluss. Die ÖBB sieht für diese Haltestelle keinen Bedarf mehr.
Man sieht sich in Hönigsberg, das schon immer ein Schattendasein zwischen der Bezirkshauptstadt Mürzzuschlag und Langenwang führte, verkehrstechnisch nun weitgehend abgeschnitten vom Rest der steirischen Welt.
Appell an Gewessler
Alle Hönigsberger haben nun unterschrieben, dass ihr Bahnhof gefälligst bestehen bleiben soll. Sie haben in dieser Angelegenheit auch eine Delegation mit der Unterschriftenliste nach Wien geschickt, damit diese ihren Einwand im Ministerium deponieren.
Sie weisen darauf hin: "Erwerbstätige und Oberstufenschüler, die Richtung Bruck pendeln, werden aufs Auto umsteigen, was aber nicht für alle möglich ist und den Klimazielen widerspricht. Die Schließung trifft schon benachteiligte Gruppen, Wenigverdiener, Ältere, Lehrlinge, besonders hart. Wieso in Zeiten der Klimadebatte Haltestellen geschlossen werden, stößt auf besonderes Unverständnis", ließen die Hönigsberger und Hönigsbergerinnen Umweltministerin Leonore Gewessler wissen. Freilich: Wenn etwas deponiert wird, wenn auch im Ministerium, hat es meist den Effekt, dass es liegenbleibt. Vonseiten der Staatsbetriebe ÖBB gibt’s dafür jedenfalls keine Unterstützung.
Die ÖBB sehen keinen anderen Weg, als den Bahnhof zu schließen, wie es in einem Statement an den STANDARD heißt: "Die Auflassung wurde leider notwendig, um die betrieblichen Voraussetzungen für ein künftig verbessertes Bahnangebot entlang der Südstrecke zu schaffen, das sowohl den Semmering-Basistunnel als auch die Koralmbahn berücksichtigt (in Form eines österreichweit integrierten Taktfahrplans)."
Geringste Frequenz
"Die Haltestelle Hönigsberg war die am geringsten frequentierte Haltestelle im Mürztal, weshalb die Wahl auf diesen Halt fiel." Als Alternative sei im Sommer 2021 im Mürztal ein neuer Busfahrplan in Betrieb genommen worden.
Das alles seien "uralte Verkehrskonzepte", sagt Monika Schöner von der Hönigsberger Bürgerinitiative, "die letzte Meile ist das Wichtigste". Daher sei auch der Bahnhof, diese Haltestelle, so wichtig, zumal auch immer mehr Menschen auf ein eigenes Auto verzichten und mit der Bahn reisen. Der Bahnhof müsse erhalten bleiben und zudem ein modernes Mobilitätskonzept für die Region erarbeitet werden.
Dass nicht nur Hönigsberg die Petition unterzeichnet habe, sondern auch viele Pendler, sei "ein Zeichen, wie wichtig uns dieses Thema der Mobilität ist". Man wolle sich nicht mit der Bahnhofsschließung abfinden, sagt Monika Schöner. (Walter Müller, 16.12.2021)