In vielen Bezirken Wiens ist ein Bauboom ausgebrochen.

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Noch ist das Jahr nicht vorbei – schon gar nicht am Wohnimmobilienmarkt: Denn Verkäufe, die hier in den letzten Tagen des Jahres noch über die Bühne gehen, werden erst im kommenden Jahr im Grundbuch aufscheinen. Daher ist es noch ein wenig früh für ein Resümee.

Allerdings zeichnet sich ein klarer Trend ab: Während das Transaktionsvolumen aufgrund der hohen Preise weiter gestiegen ist, hat die Anzahl der Transaktionen abgenommen. Das zeigt eine Analyse von Immo United für den Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI), die am Donnerstag präsentiert wurde.

Für diesen Umstand gibt es mehrere Gründe: Wer derzeit nicht verkaufen muss, verkauft auch nicht, konstatierte Andreas Wollein, ÖVI-Vorstand und Immobiliensachverständiger. Die Zinslage mache es zudem attraktiver, in Immobilien zu investieren als das Geld auf der Bank liegen zu lassen. Die hohen Immobilienpreise sind aber nicht nur durch die große Nachfrage und das Wachstum Wiens bedingt, sondern auch durch die hohen Bau- und Grundstückspreise.

Drehende Kräne

In den letzten Jahren wurde in Wien immer mehr im freifinanzierten Bereich gebaut. In manchen Bezirken drehen sich die Baukräne unablässig – zumindest bei jenen Baufirmen, die derzeit überhaupt Baukräne ergattern können. In manchen Bereichen der Stadt sieht man bei ÖVI und Immo United angesichts des Baubooms aber bereits eine Stagnation der Preise.

Im Vergleich zur Vorjahresauswertung stiegen die Preise etwa im Süden und Westen Wiens – also im 12., 13. und 23. Bezirk sowie in Teilen des 14. Bezirks – bei gebrauchten Wohnungen nur minimal von 3.803 auf 3.809 Euro pro Quadratmeter. Bei neuen Wohnungen fielen die Preise im Schnitt sogar leicht unter den Vorjahreswert, nämlich von 5.041 auf 4.948 Euro. Und: Bei den meisten Stadtteilauswertungen habe es keine größeren Anstiege nach oben, sondern eher Seitwärtsbewegungen gegeben, heißt es vonseiten des ÖVI.

Über ganz Wien gerechnet ergibt dies einen Durchschnittspreis für neuwertige Eigentumswohnungen von 5.485 Euro pro Quadratmeter, 5.237 Euro waren es im Jahr 2020. Gebrauchte Eigentumswohnungen wurden im Schnitt um 4.260 Euro pro Quadratmeter verkauft, im Jahr davor um 4.031 Euro. Angesichts der Preise wenig überraschend ist zudem, dass die Wohnungen im Schnitt immer kleiner werden.

Neuerungen für Wohnungseigentümer

Jene, die bereits eine Wohnung gekauft haben, erwarten im kommenden Jahr einige rechtliche Änderungen. Am Donnerstag wurde im Nationalrat die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) beschlossen, die – bis auf kleinere Ausnahmen – ab 1. Jänner 2022 in Kraft tritt. Wie berichtet, sollen damit bestimmte Änderungen im Haus, für die bisher das Okay sämtlicher Miteigentümerinnen und Miteigentümer nötig war, erleichtert und damit die Ökologisierung des Wohnbaus vorangetrieben werden.

Wer künftig zum Beispiel eine Vorrichtung zum Langsamladen für sein E-Auto errichten will, hat gute Erfolgsaussichten: Die Miteigentümer müssen über die geplante Maßnahme zwar weiter in Kenntnis gesetzt werden, ihr Schweigen zählt aber künftig als Zustimmung. Das Errichten der E-Ladestation wird nämlich in die Liste der "privilegierten Änderungen" aufgenommen.

Ebenso wie die Errichtung von Beschattungsvorrichtungen wie Rollläden und Markisen. "Das stelle ich mir in der Praxis aber schwierig vor", sagt Udo Weinberger, ÖVI-Verwaltersprecher: "Man kann nur hoffen, dass die Wohnungseigentümer Interesse an der optisch einheitlichen Ausgestaltung des Hauses haben."

Schwierigkeit bei Mehrheitsfindung

Generell wird die Mehrheitsfindung in Hausgemeinschaften erleichtert. Zwei Drittel der abgegebenen Stimmen können einen Entschluss fassen, wenn damit zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreicht werden. Auch hier sieht Weinberger aber eine Schwierigkeit: Immerhin kann mit den neuen Anteilsverhältnissen theoretisch eine Gruppe von Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern einen Entschluss fassen – und eine zweite einen gegenteiligen. Hier wird in den kommenden Jahren also noch einiges an Judikatur nötig sein. Diese Änderung wird erst mit Juli 2022 in Kraft treten.

Festgelegt wird in der WEG-Novelle auch eine Mindestrücklage, um zukünftig anstehende Investitionen und Sanierungen stemmen zu können. Mindestens 90 Cent pro Quadratmeter und Monat müssen nach einer Übergangsfrist und ab 1. Juli des kommenden Jahres berappt werden. "Ein Tropfen auf den heißen Stein" ist das für Weinberger. Eine Mindestrücklage in dieser Höhe hätte man wohl vor 20 Jahren einführen müssen, um die in vielen Häusern bald anstehenden Sanierungen zu stemmen. (Franziska Zoidl, 16.12.2021)