Die Stadtstraße soll bis 2025 zur Seestadt Aspern führen.

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Allein im Gebiet Seestadt Nord sollen in den nächsten Jahren Wohnungen für 17.500 Menschen gebaut werden. Hier ist aktuell die Stadtstraße laut UVP-Auflage die Voraussetzung für die Entwicklung.

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Die Besetzer der Baustellen für die geplante Stadtstraße sind – wohl nur in diesem einen Punkt – mit der Stadt Wien einig: Wird das Protestcamp verlassen, werden die Arbeiten wohl ohne weitere Verzögerungen fortgesetzt. Das veranlasst einerseits die Aktivistinnen und Aktivisten zu bleiben. Andererseits sah sich die Stadt dazu genötigt, Anwaltsbriefe mit Schadenersatzandrohungen an Aktivisten und Unterstützer zu verschicken. Dieses Patt bleibt vorerst bestehen – außer Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) entscheidet sich noch zu einer Räumungsaktion, die er "in letzter Konsequenz" in Aussicht stellte.

Während die Wiener SPÖ keine Alternative zum geplanten Straßenprojekt sieht, forderten Umweltorganisationen am Donnerstag nach dem vorläufigen Aus für den Lobautunnel auch ein Umdenken bei der Stadtstraße. Diese soll vierspurig und fast zur Hälfte untertunnelt die Südosttangente mit der Seestadt Aspern verbinden und Ortskerne in der Donaustadt entlasten. "Die Zeit der Autobahnen ist vorbei", sagte Agnes Zauner, Geschäftsführerin von Global 2000. Um selbstgesteckte Klimaziele zu erreichen, sollte Wien die 460 Millionen Euro für die Straße in den Öffi-Ausbau stecken.

Stadtstraße als UVP-Auflage für Wohnungsbau

Dass die Stadtstraße eine Auflage aus der UVP für den Bau von Wohnungen im Gebiet Seestadt Nord ist, räumte Gregor Schomschula ein. Der Jurist des Ökobüros meinte aber auch: "Das heißt nicht, dass das in Stein gemeißelt ist." Für ein abgeändertes Verkehrskonzept sei ein Änderungsantrag zur UVP ausreichend.

Maria Schachinger (WWF) und Michael Schwendinger vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) bezeichneten die vierspurige Gemeindestraße als völlig überdimensioniert. Die Ausgangsbedingungen, vor allem nach dem Stopp des Lobautunnels, hätten sich grundlegend geändert.

Redimensionierung für Stadt kein Thema

Für die Stadt kommt eine Verkleinerung des Projekts nicht infrage: Dies sei zum einen mit jahrelangen Verzögerungen verbunden. Zum anderen muss "eine Tunnelführung aus Sicherheitsvorschriften zweispurig geführt werden", wie es in einer Aussendung von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) hieß. Die Hälfte der Stadtstraße ist, auch aus Lärm- und Umweltgründen, untertunnelt.

Schwendinger plädiert statt der Stadtstraße für mehr Öffis. So müsse man etwa über den viergleisigen Ausbau der Ostbahnbrücke nachdenken. Das würde etwa den Ausbau der S80 betreffen. Die Grünen führen zudem neue Schnellbahnlinien vom Hauptbahnhof über die Donau nach Süßenbrunn, Gerasdorf sowie Leopoldstadt ins Treffen. Von den Neos kommt der Vorstoß des S-Bahn-Rings um Wien mit der S45-Verlängerung entlang der Donau bis nach Simmering.

Projektiert ist von der Stadt bereits die geplante Straßenbahnlinie 27 von Strebersdorf bis Aspern Nord, hier gibt es sechs neue Haltestellen. Die Linie 25 soll ebenfalls bis Aspern Nord verlängert werden.

FPÖ beantragt Ministeranklage gegen Gewessler

Verlängert wird auch das politische Hick-Hack nach dem von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) angeordneten Stopp mehrerer Straßenbauprojekte wie Lobautunnel oder Klagenfurter Schnellstraße. Die FPÖ hat deshalb am Donnerstag im Nationalrat eine Ministeranklage gegen Gewessler beantragt. Mangels Mehrheit stehen die Erfolgschancen dafür aber schlecht. Vorerst wurde der Antrag einmal dem Verfassungsausschuss zugewiesen. (David Krutzler, red, 16.12.2021)