Grasser soll zu wenig Steuern bezahlt haben. Die Anklage in dieser Causa hat er am Freitag zugestellt bekommen.

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Wien – Neues Ungemach für den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Grasser am Freitag eine Anklage zugeschickt, in der sie ihm Abgabenverkürzung vorwirft. Er habe um rund 2,2 Millionen Euro zu wenig Einkommenssteuer abgeführt, heißt es in der Anklage – es geht um seine Einkünfte (Vertriebsprovisionen) , die der vormalige Finanzminister für seine Tätigkeit bei Meinl International Power (MIP) bezogen hat. Das bestätigt Grassers Rechtsanwalt Manfred Ainedter auf Anfrage des STANDARD. Die WKStA veröffentlichte eine entsprechende Pressemitteilung auf ihrer Homepage.

Der Anwalt prüft nun die 100-seitige Anklageschrift und wird dann entscheiden, ob man einen Einspruch gegen die Anklage einlegen wird – dafür ist ab Zustellung der Anklageschrift zwei Wochen Zeit. Das heißt auch, dass die Anklage nicht rechtskräftig ist – zudem gilt für Grasser die Unschuldsvermutung.

Hohe Strafdrohung

Der Strafrahmen sieht eine Geldstrafe bis zum Zweifachen des hinterzogenen Betrags vor, im konkreten Fall wären das also bis zu 4,4 Millionen Euro. Neben der Geldstrafe kann eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren verhängt werden. Nicht nur Grasser wurde angeklagt – sondern auch sein Steuerberater, dem die Schaffung einer Verschleierungskonstruktion zur Last gelegt wird. Auch für ihn gilt die Unschuldsvermutung; er und Grasser haben den Vorwurf stets zurückgewiesen.

Das Verfahren gegen vier weitere Beschuldigte hat die WKStA laut ihrer Mitteilung eingestellt. In dem Fall ist es um den Vorwurf des Amtsmissbrauchs bzw. Beitrags zur Abgabenhinterziehung gegangen. Ursprünglich war die Behörde dem Verdacht nachgegangen, dass Mitarbeiter der Abgabenbehörde befangen gewesen sein könnten.

Power nach politischer Karriere

Zur Meinl International Power war Grasser nach Ende seiner politischen Karriere gewechselt, im Frühsommer 2007 heuerte er bei Julius Meinl an – und scheffelte somit erstmals richtig Geld. Bis 2010 kassierte Grasser fast neun Millionen Euro. Die MIP ging im Sommer 2007 an die Börse, die Meinl Bank bekam eine Vertriebsprovision von rund 41 Millionen Euro, von der die Hälfte an Vertragspartner wie andere Banken und auch an Grasser ging. An der Managementgesellschaft der MIP war die Meinl Bank zu zwei Dritteln beteiligt gewesen, Grasser hielt das restliche Drittel.

Dessen Aufgabe war es, Investoren für den Fonds zu gewinnen. Julius Meinl V. sagte dazu im Jahr 2011 einmal Folgendes aus: Grasser habe "viele vermögende Leute (gekannt) und hat zu gewissen dieser Leute Kontakt gelegt, und es wurde relativ viel darüber abgesetzt." Grasser sei bei den Roadshows dabei gewesen, er habe "den Vertrieb gemacht". Meinl International Power war nie so richtig abgehoben, nicht zuletzt deshalb, weil ungefähr zur gleichen Zeit das Konstrukt Meinl European Land (MEL) gefloppt war. Die MEL-Ermittlungen laufen übrigens noch immer.

Kaskaden von Gesellschaften

Die Provisionen (in Summe kamen rund neun Millionen Euro zusammen) flossen über ein ebenso kompliziertes wie diskretes Gesellschafts- und Stiftungskonstrukt. Grasser und sein Exberater sagten stets, Selbiges sei der Finanz 2007 offengelegt und nicht beeinsprucht worden. Wobei der Steuerberater später, als ihn Grasser auf Schadenersatz klagte, argumentierte, sein Exklient habe diese Konstruktion "ohne mein Wissen und Zutun" verändert. Das wiederum bestreitet Grasser.

Jedenfalls wurde damals eine Kaskade von Gesellschaften gegründet, deren Namen inzwischen schon fast wieder vergessen sind. Da gab es die liechtensteinische Waterland Stiftung oder die Wiener Valuecreation. Zwecks "Wahrung der Diskretion der Beteiligungsverhältnisse" kam etwa die Silverwater auf den Virgin Islands dazu oder die Man Angelus auf Zypern.

Die Zielsetzung Grassers sei u.a. Altersvorsorge und Vorsorge für seine Familie gewesen, zudem habe er "Diskretion gegenüber der österreichischen Öffentlichkeit (Medien)" angestrebt, hieß es 2009 in einem Schreiben an die Finanz. Die zeigte sich jedoch wenig beeindruckt und rechnet die Einkünfte dem Exminister persönlich zu.

Warten auf das Buwog-Urteil

Derzeit wartet Grasser ja noch auf das Urteil in der Causa Buwog / Terminal Tower. Das wurde vor etwas mehr als einem Jahr mündlich verkündet, die schriftliche Ausfertigung liegt noch nicht vor. Grassers Verteidiger, neben Ainedter ist das auch Norbert Wess, haben bereits zwei Fristsetzungsanträge eingebracht, um die Sache zu beschleunigen. Der erste Antrag wurde vom Gericht abgelehnt, über den zweiten noch nicht entschieden. Ainedter findet es merkwürdig, dass die WKStA noch vor Vorliegen des schriftlichen Urteils die nächste Anklage einbringt, möglicherweise werde befürchtet, dass das erste Urteil nicht hält. Wie berichtet hat Grasser eine Freiheitsstrafe von acht Jahren ausgefasst, er hat Rechtsmittel angekündigt. (Renate Graber, 17.12.2021)