Andreas Mölzer.

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Seit sich herumgesprochen hat, dass Herbert Kickl Blut an den Händen und Elisabeth Köstinger Mist im Kopf hat, senkt sich Klarheit über das virusgeplagte Land: Auch bei den Freiheitlichen geht das Geschäft immer noch vor dem Kampf gegen die vom Obmann angeprangerte regierungsamtliche Strategie der Entmenschlichung. "Keine Demos am kommenden Einkaufswochenende" fordert Matthias Krenn, Bundesobmann der Freiheitlichen Wirtschaft. Denn nicht alle sind, laut "Die Presse", in FPÖ-Kreisen mit den Demonstrationen gegen die Coronamaßnahmen der Regierung – welche die Partei mitveranstaltete – einverstanden.

Mit Blut an den Händen kann man vielleicht zur Untermalung der einschlägigen Rhetorik vor Impfgegnern auftreten, aber wenn es gilt, Impfgegner von Kickl weg in die Geschäfte zu bringen, sind andere Tugenden gefragt. Daher: Freiheitliche Wirtschaft fordert "Weihnachtsfrieden". Und der sollte jedenfalls nicht enden, ehe all die unerwünschten Weihnachtsgeschenke umgetauscht sind. Also besteht Hoffnung, dass Matthias Krenn seinen bluttriefenden Schlachtenlenker eine Weile zu jener Räson bringt, die noch nie eine Stärke der Partei war.

Mölzers Geständnis

Auch andere fallen ihm in den Rücken, teils indem sie sich gegen die Parteilinie die Freiheit nehmen, an Corona zu erkranken, wie Manfred Haimbuchner, teils – und das ist noch schlimmer – indem sie sich impfen ließen, wie schon im Frühjahr sogar der Chefideologe Andreas Mölzer. In eigener Sache legte er diese Woche in "Zur Zeit" ein umfassendes Geständnis ab, wie es außerhalb der FPÖ von niemandem gefordert würde. Mit Leiden behaftet, die man niemandem wünscht, ist er neben der FPÖ auch noch Angehöriger der normalen Hochrisikogruppe und tat als solcher das medizinisch Richtige, nach freiheitlicher Doktrin das Befremdliche: Ich habe mich im Mai-Juni 2021 zwei Mal mit AstraZeneca impfen lassen. Trotz Einhaltung aller gebotenen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen infizierte ich mich im November nun mit Covid19.

Statt endlich von der Gefährlichkeit des Virus überzeugt zu sein, kann er offenbar nur schwer damit leben, von der Parteilinie abgewichen zu sein. Einerseits fühlte ich mich wegen der mangelnden Wirksamkeit der Impfung betrogen. Andererseits muss ich annehmen, dass ich ohne die Impfung auf der Intensivstation gelandet wäre. In diese Ausweglosigkeit verstrickt, bleibt einem Freiheitlichen nur das Heldentum. Zwar konnte ich eine Hospitalisierung vermeiden, hatte aber einen höchst unangenehmen Verlauf mit totaler Schwäche, Fieber und beginnender Atemnot. Und ich erhielt dabei keinerlei Medikamentation und keine ärztliche Betreuung, konnte aber doch genesen.

Gegen Impflicht, aber für die Impfung

Ob sich Mölzer als Vorbild für marodierende Impfgegner eignet, wird sich noch zeigen. Er arbeitet jedenfalls daran. Tatsache ist, dass ich gegen den Impfzwang bin, immerhin aber für eine Steigerung der Impfquote, um schwere Verläufe möglichst zu vermeiden. Tatsache ist weiters, dass ich den Protest und den Widerstand gegen das Corona-Regime der Regierung für absolut legitim und notwendig halte, so lange dies friedlich und regelkonform erfolgt.

Diesbezüglich hat er wenig mitzureden. Der wahre Freiheitliche demonstriert Unbelehrbarkeit, wenn es sein muss, auch am eigenen Leib. Und weil dabei auch freiheitlicher Geist nicht zu kurz kommen soll, hat Mölzer wieder einmal einen Roman geschrieben, für den in "Zur Zeit" geworben wird. Der Titel lautet Mortadella, und es wurde ein politischer Schelmenroman, was sonst. Genau genommen ist es ein politischer Schelmenroman zwischen Saddam Hussein, Reichsrassehauptamt 6 & ’Ndrangheta, in dem es auch darum gehen soll: Wo ist der millionenschwere "Geschenkkorb" geblieben, den der irakische Diktator Saddam Hussein dem aufstrebenden österreichischen Lokalpolitiker zukommen hat lassen. Und warum vererbt ein angeblicher Nenn-Onkel mit SS-Vergangenheit demselben Politiker ein riesiges Forstgut im österreichisch-jugoslawischen Grenzland?

"Erstunken und erlogen"

Mit seinem Insiderwissen wäre dem Autor von Mortadella eine korrekte Verwurstung der jüngeren Parteigeschichte durchaus zuzutrauen, umso mehr, als versprochen wird, der Schelmenroman weise einige Parallelen zu realen Ereignissen auf. Dass er sie leistet, ist leider zu bezweifeln, gesteht er doch, alles sei natürlich erstunken und erlogen. Dennoch lässt sich die Wahrheit nicht unterdrücken. Dem Prospekt ist das Foto von Heinrich Himmler unterlegt, wie er Massenmördern im Konzentrationslager bestätigt, sauber geblieben zu sein. (Günter Traxler, 18.12.2021)