Wo fängt die Kunst an? Der Autor (Wojo van Brouwer) und seine inwändige Gesprächspartnerin (Wiltrud Schreiner).

Alexander Gotter

Wien – Tex Rubinowitz, deutscher Witzezeichner und Autor in Wien, hat ein Theaterstück geschrieben, in dem sich die Gedankenfäden so sehr verschlingen wie sonst nur die Recherchespuren eines Detektivs. Deshalb heißt der Text auch Sherlock Holmes – ein Auftragswerk des Werk X. Sherlock Holmes ist aber auch ein Lied der US-Band The Sparks (1982), deren Musik der Autor seit Kindesbeinen verehrt und die in der Inszenierung von Ursula Leitner den Szenen wohlig nachheult.

Man könnte sagen, Sherlock Holmes handelt davon, wie ein Autor (Wojo van Brouwer) von groben Sinnfragen und konzeptuellen wie inhaltlichen Zweifeln geplagt damit befasst ist, ein Stück zu schreiben. Er scheitert schon daran, einen Anfang zu finden bzw. überhaupt zu klären, was denn ein Anfang sein soll in einer Zeit, in der alles zugleich verläuft und nirgends nie aufhört.

Küche als Dramenloch

Ein schönes Sinnbild für dieses Dilemma ist ein Einkaufszettel, den Annette (Annette I. Holzmann) einmal vom Boden aufhebt, der sich aber als viele Meter lange Textmessage entpuppt, deren philosophische Selbstbefragungen keiner versteht. Hat hier Howard Carpendale The Sparks übersetzt? Auch Marlene Dietrich habe ihren bürgerlichen Namen Dietmar ja nur deshalb abgelegt, um die Endloskette Marlenedietmarlenediet... zu unterbrechen, so vermutet der Autor weiters.

Hier läuft eine Quasselvariante von Warten auf Godot ab, bei der sich die Hauptfigur samt ihren beiden inwendigen Dialogpartnerinnen (weiters: Wiltrud Schreiner) raffinierterweise inmitten des eigenen Dramenlochs befindet (Bühne: Daniel Sommergruber), das sich als Küche tarnt. Reichlich gestrichen war nach 75 Minuten und doch viel Text schon wieder Schluss – und alle Fragen offen. (Margarete Affenzeller, 17.12.2021)