Die Sorge vor Inflation könnte die Kurse von Bitcoin und anderen Kryptowährungen im Jahr 2022 weiter befeuern.

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Das aktuelle Jahr war für jene turbulent, die in Bitcoin und andere Kryptowährungen investiert haben – denn statt des erwarteten Kursfeuerwerks geht nun die Angst vor einem Crash um, wie der STANDARD berichtete. Doch auch der Dogecoin bewegte die Gemüter, und der Hype rund um NFTs sorgte vor allem in Kombination mit dem Metaversum für Investitionen in Millionenhöhe. Das Jahr 2022 dürfte ähnlich turbulent wie das auslaufende werden – auch in Österreich, wo neue Regeln zur Besteuerung von Krypto-Gewinnen vor der Tür stehen.

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Entscheidend für die Kursentwicklung wird laut Experten vor allem die Regulierung des Sektors sein. "Die SEC wird unter ihrem Chef Gary Gensler voraussichtlich weiter auf 'Regulierung durch Durchsetzung' setzen", sagt Analyst Mark Palmer vom Brokerhaus BTIG. Dabei werde die US-Börsenaufsicht wahrscheinlich keinen klaren regulatorischen Rahmen vorgeben, sondern im Einzelfall einschreiten. Außerdem sei eine baldige US-Zulassung eines börsennotierten Fonds (ETF), der direkt in Bitcoin investiert, unwahrscheinlich.

Parallel dazu werden dank der wachsenden Beliebtheit virtueller Welten – sogenannter Metaversen – digitale Eigentumsnachweise für Grundstücke oder andere Gegenstände – die Non-Fungible Tokens (NFTs) wohl eine immer größere Rolle spielen.

Kryptowährungen werden salonfähig

Doch bevor wir in die Zukunft blicken, hier ein kleiner Reality Check: Wie sehr ist das Thema Kryptowährungen inzwischen eigentlich im Mainstream angekommen? "Kryptowerte wurden von einer 'Nerd-Arena' zu einem Mainstream-Thema mit Hipness-Charakter, über das die Abendnachrichten berichteten", fasst Hartmut Giesen, Digitalisierungsexperte der Sutor Bank, die Entwicklung des letzten Jahres zusammen.

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Die wichtigste Kryptowährung Bitcoin hat seit Jahresbeginn knapp 63 Prozent auf aktuell rund 47.000 Dollar zugelegt, während die Nummer zwei, Ethereum, ihren Wert auf etwa 3800 Dollar mehr als verfünffachte. Die als Parodie gestartete Währung Dogecoin kommt sogar auf ein Plus von rund 3600 Prozent – bei einem Kurs von zuletzt gut 0,17 Dollar. "Bitcoin und Ether haben in der längerfristigen Betrachtung eine hohe und vergleichsweise stabile Renditeentwicklung vorzuweisen", resümiert DZ Bank-Analyst Sören Hettler. "Eine Garantie, dass sich diese Bewegung fortsetzt, gibt es nicht."

Corona und Inflation

Dabei könnte die Corona-Virus-Pandemie Bitcoin & Co zugute kommen: "Sollten neue Virus-Mutationen die wichtigsten Notenbanken dazu zwingen, den Geldhahn weiter offenzuhalten, dürfte dies die Inflationssorgen befeuern und damit den Kryptowährungen in die Karten spielen," prognostiziert Timo Emden von Emden Research. Schon in den vergangenen Monaten hatten schwelende Inflationsängste die Anleger verstärkt in Bitcoin flüchten lassen.

In den vergangenen Monaten erreichte Bitcoin mit knapp 69.000 Dollar zwar ein Rekordhoch, blieb aber meilenweit hinter den Analystenprognosen zurück. Experten hatten der Cyber-Devise bis zu 288.000 Dollar zugetraut. Für 2022 halten sich Börsianer nun mit konkreten Kurs-Vorhersagen zurück.

Andreas Wölfl, Gründer des Zertifikate-Emittenten iMaps ETI, hält es für möglich, das Ethereum in den kommenden Monaten an Bitcoin als Kryptowährung mit der höchsten Marktkapitalisierung vorbeizieht. Die Möglichkeit, Ethereum-Zahlungen mit Hilfe sogenannter Smart Contracts an bestimmte Bedingungen geknüpft zu automatisieren, mache diese Kryptowährung besonders interessant. Derzeit ist Bitcoin mit insgesamt knapp 900 Milliarden Dollar aber noch rund doppelt so hoch bewertet wie Ethereum.

NFTs: Spektakuläre Auktionen

Die Non-Fungible Tokens – eine Art digitaler Echtheits- und Eigentumsnachweis – haben in diesem Jahr als digitale Anlageklasse erstmals eine größere Bühne bekommen. Basieren auf der Blockchain erhalten Objekte so unverwechselbare Signaturen, die sie zu Unikaten machen, auch wenn sie millionenfach reproduziert werden können. Spektakuläre Auktionen von Musikstücken, Tweets, Sport-Videos, gar Grundstücken und Figuren aus virtuellen Welten erzielten teils Millionen von Dollar.

Experten erwarten, dass NFTs als Anlageobjekte weiter an Beliebtheit gewinnen und weitere Investoren in den Markt einsteigen. Spätestens seit der Umbenennung von Facebook in Meta Platforms und die Ankündigung eines eigenen Metaversums durch den Konzern sei das Thema in aller Munde, sagt BTIG-Experte Palmer.

Zuletzt hatte eine Studie des Branchendienstes Chainanalysis gezeigt, dass der Kreis der Investoren, die NFTs nicht nur als Liebhaber- sondern als Spekulationsobjekt betrachten, bisher recht klein ist: Rund 80 Prozent der NFT-Umsätze bei der größten Handelsplattform OpenSea gingen auf das Konto von 20 Prozent der Nutzer.

Chancen durch Aktien im NFT-Kontext

Roman Matkovskyy, Professor an der Rennes School of Business, sieht großes Potenzial für NFTs. Schließlich könnten sie zur Übertragung von Rechten sowohl an virtuellem als auch an physischem Eigentum genutzt werden. "Wir werden also herausfinden müssen, wie NFTs von traditionellen Institutionen wie Museen, Fonds und so weiter behandelt, gehalten und bewertet werden können."

Gleichzeitig eröffneten sich für Anleger Chancen durch Investments in Firmen, die sich mit der NFT-Technologie beschäftigten und zum Beispiel virtuelle Welten betrieben, sagt Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets. "Noch ist aber nicht absehbar, ob es sich lohnen wird und welche Unternehmen sich durchsetzen werden – geschweige denn, ob sich Virtual Reality überhaupt als Technologie durchsetzen wird, die von vielen Menschen genutzt wird."

Besteuerung von Krypto-Gewinnen in Österreich

Und schließlich ändert sich in Österreich noch das System zur Besteuerung von Gewinnen aus der Spekulation mit Kryptowährungen. Auf Einkünfte aus Bitcoin und Co fällt ab 1. März 2022 ein Steuersatz von 27,5 Prozent an – unabhängig davon, wie lange die Assets gehalten wurden. Die neue Besteuerung wird auf alle Kryptowährungen, die seit dem 28. Februar 2021 angeschafft wurden, angewendet.

Kryptowährungen, die vor dem 28. Februar 2021 gekauft und über die Spekulationsfrist hinaus gehalten werden, gelten hingegen als "Altvermögen", Gewinne aus einem Verkauf müssen nicht versteuert werden. Die Steuerpflicht betrifft sowohl laufende Einkünfte aus Kryptowährungen als auch Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen.

Ab 2023 gilt für inländische Dienstleister auch eine Abzugspflicht für die Kapitalertragssteuer (KESt), das heißt Anbieter wie Bitpanda müssen für die Einkünfte aus Kryptowährungen die KESt abziehen. (Reuters/APA/red, 18.12.2021)