Die Regierung präsentierte am Samstag das neue Covid-Gremium, das die Abkürzung Gecko trägt

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Die Regierung hat der Öffentlichkeit am Samstag die neue "Gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordination" – Abkürzung "Gecko" – vorgestellt. Gecko soll das Pandemiemanagement in Österreich neu strukturieren, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Die Regierung habe sich internationale Beispiele für gelungene Krisenkoordination – er nannte Portugal und Deutschland – angesehen und wolle sich deren Vorzüge nun auch hierzulande aneignen. Gecko werde die Corona-Situation bewerten, die Politik beraten und dann auch bei der operativen Umsetzung der Entscheidungen unterstützen.

Medizinisch-Militärisches Duo

Diese Aufgabe spiegle sich in der Doppelspitze, die Gecko anführen wird und bereits am Montag erstmals zusammentreten soll. Für den medizinischen Teil des neuen Gremiums wird Katharina Reich, bisher schon Chief Medical Officer im Gesundheitsministerium, verantwortlich sein. Auf der anderen Seite steht ein hochrangiger Vertreter des Bundesheers, Generalmajor Rudolf Striedinger, der auch als Stabschef von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) fungiert. Striedinger soll sich um die logistische Umsetzung, etwa die Intensivierung des Testangebots, kümmern.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) begründete die Einsetzung von Gecko mit der "nie dagewesenen Herausforderung", die durch die neue Virusvariante Omikron samt ihrer hohen Infektiösität dräut: "Wir müssen uns mit aller Kraft dagegen stemmen, noch mehr impfen, noch mehr testen und noch mehr sequenzieren." Man hole sich für Empfehlungen nun die "besten Köpfe" aus unterschiedlichen Disziplinen an einen Tisch.

Bestehende Gremien bleiben

Die schon existierenden mannigfaltigen Beratungsgremien – von Ampel-Kommission bis Prognosekonsortium – werden allerdings nicht aufgelöst, sondern arbeiten weiter. Zwar werden auch nicht-medizinische Fachgebiete integriert, etwa die Kommunikationsexpertise in Gestalt der Journalistin und Socia-Media-Kennerin Ingrid Brodnig. Die meisten der rund 20 Experten, die für Gecko rekrutiert wurden, stammen allerdings aus zentralen Funktionen in den bereits etablierten Gremien. So etwa Herwig Kollaritsch vom Nationalen Impfgremium, Niki Popper vom Covid-Prognosekonsortium, Markus Müller vom Obersten Sanitätsrat, Christiane Druml von der Bioethikkommission oder Herwig Ostermann von der Gesundheit Österreich.

Laut Minister Mückstein werde es durch die Überschneidung keine Doppelgleisigkeiten geben, sondern eine Bündelung des Know-Hows. Nehammer erhofft sich offenbar auch eine Komplexitätsreduktion im Hinblick auf die Informationslage, denn bisher habe man "sehr viele Experten, aber dadurch auch viele Meinungen" gehört. Das Gecko-Spitzenduo solle künftig die Expertisen "zusammenführen und gewichten" und zu einer Entscheidungsgrundlage aufbereiten. Politische Entscheidungen werde Gecko freilich nicht treffen, die verantworte weiterhin die Regierung.

Die nächsten Schritte des Feindes

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner erblickt in der Beförderung ihres Stabschefs in die oberste Krisenkoordination eine Beleg dafür, dass die Arbeit des Bundesheeres wertgeschätzt wird. In Portugal und Italien habe es sich bewährt, operative Positionen in der Pandemiebekämpfung mit militärischen Fachleuten zu besetzen, das tue man nun auch in Österreich. Der neue "Chief Operating Officer" Rudolf Striedinger sagte, die Einbindung des Bundesheers in die Führungsebene werde das Vertrauen in die Maßnahmen erhöhen. Zudem pflege er als Soldat eine "klare Sprache", worunter er offenbar auch eine anthropomorphisierende Rede über das Coronavirus versteht, das er wahlweise als "Feind" oder "Gegner" beschrieb und zu dem er sich folgende Fragen zu stellen gedenkt: "Wie verhält er sich, was sind seine nächsten Schritte?"

Medikamente zu Infizierten bringen

Chief Medical Officer Katharina Reich nannte drei Bereiche, denen sich Gecko dringend widmen müsse. Neben einem Ausbau der PCR-Testinfrastruktur und der Fortsetzung der Impfungen sei das auch die Bereitstellung neuer Covid-Medikamente. Sie verkündete, dass das Gesundheitsministerium mit Pharmafirmen bereits Beschaffungsverträge abgeschlossen habe, um für Österreich "überdurchschnittliche Mengen" zu bekommen. Ende 2021 sollen bereits erste Lieferungen kommen.

Die Medikamente seien keine Alternative zum Impfen, aber dennoch ein "Meilenstein", urteilt Reich. Die schwierige Aufgabe werde darin bestehen, dass Risikopersonen unmittelbar nach einem positiven Test mit Medikamenten versorgt werden, die schwere Verläufe abschwächen könnten. Man müsse die Mittel nach einem Test rasch zu den Menschen bringen. Hier werde es die enge Verzahnung mit der operativen militärischen Leitung brauchen. Noch herausfordernder werde das bei der Gabe monoklonaler Antikörper in der Frühphase einer Infektion.

Länder mit dabei

Was die Kompetenzverteilung in der Pandemiebekämpfung anlangt, bleiben die gewohnten Strukturen bestehen, Reich ließ diesbezüglich mit einem ungewohnt apodiktischen Plädoyer für den hiesigen Föderalismus aufhorchen: "Österreich ist ein föderales Land, wer das schlecht findet, ist hier am falschen Platz. Das prägt uns, das macht uns zu Österreicherinnen und Österreichern." Das System sein ein Vorteil und den wolle sie nutzen. Bemerkbar macht sich die weiterhin starke Rolle der Länder auch im Gecko-Team selbst.

Es bekommen nämlich die Landesamtsdirektoren des jeweils aktuellen und künftigen Vorsitzlandes der Landeshauptleutekonferenz einen Sitz im Beraterstab. Momentan bedeutet dies, dass Tirol und Vorarlberg mit ihren Landesamtsdirektoren vertreten sind. Die militärische Seite sei wiederum durch die Militärkommandos der Bundesländer mit den Landeskrisenstäben vernetzt, wie Striedinger ergänzte. Gecko-Vertreter sollen auch bei den Beratungen von Bundesregierung und Landeshauptleuten präsent sein.

Corona-Test vor dem Fest

Auch ein gesundheitspolitischer Appell der Regierung zum nahenden Weihnachtsfest durfte am Samstag nicht fehlen. Man solle sich vor der Feier unbedingt testen lassen, denn – so Mückstein: "Die Vorstellung, dass innerhalb der Familie eine Ansteckung passiert, ist gerade zu Weihnachten fürchterlich." (Theo Anders, 18.12.2021)