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Sie schreien "Freiheit" und schränken andere in ihrer Freiheit ein. Sie wollen gehört werden und spucken dabei andere an. Sie fordern Rücksichtnahme, ziehen aber krakeelend durch die Stadt und tyrannisieren unbeteiligte Leute. Sie beklagen eine Diktatur, dürfen aber alles sagen und halten sich an keine Regeln. Sie wollen die Meinungsfreiheit hochhalten, laufen aber gleichzeitig den Nazis hinterher – und merken den Widerspruch nicht.

Die Demonstrationen der Impfgegner und Corona-Leugner am Samstag haben wieder gezeigt, dass ein vernünftiger Meinungsaustausch mit diesen Leuten kaum möglich ist. Wer bewusst das Chaos herbeiführt, wer Gewalt und Randale gutheißt oder zumindest toleriert, wer mit Rechtsextremen marschiert und die Konfrontation mit der Polizei sucht, der hat kein Recht auf Verständnis und Toleranz.

Immer wieder beklagen sich die "Maßnahmenskeptiker" darüber, dass ihnen unrecht getan wird, dass bei ihren Veranstaltungen brave Bürger, Familien, nicht nur Rechte, sondern auch Linke mitmarschieren. Man dürfe nicht alle dafür verurteilen, nur weil Nazis und Gewalttäter dabei sind. Das ist entweder frech gelogen oder gefährlich naiv. Wer an diesen Veranstaltungen teilnimmt, sucht bewusst die Auseinandersetzung. Und zwar nicht jene, in der man Argumente austauscht. Die Aggression und Feindseligkeit, die von diesen Leuten ausgeht, ist erschreckend. Das bekommen die Polizistinnen und Polizisten zu spüren, die beschimpft und attackiert werden. Das bekommt das Personal von Gesundheitseinrichtungen zu spüren, das tätlich angegriffen wird. Das bekommen Leute zu spüren, die sich bei einer Impfstraße anstellen und angepöbelt werden. Das bekommen Leute zu spüren, die einkaufen gehen und von einem fahnentragenden Mob bedrängt werden.

Nein, dafür gibt es kein Verständnis. Da hört sich die Debatte auf. Da ist Toleranz das falsche Mittel.

Wenig Verständnis gibt es auch für die Polizei, die am Samstag einen hilflosen Eindruck gemacht hat. Diese Demo um diese Uhrzeit zu genehmigen war ein Fehler, man wusste, dass sich diese Szene zunehmend radikalisiert. Klar musste auch sein, dass sich die Demoteilnehmer an keine Vereinbarungen halten würden. So kam es auch. Die Polizei hat viel zu lange zugesehen, war untätig, wurde schließlich überlaufen. Sie hat sich lächerlich gemacht. Das war die falsche Strategie. Und das falsche Signal an jene, die teilgenommen haben, und an jene, die sich das gefallen lassen mussten. (Michael Völker, 19.12.2021)