Nach Wagenbachs Lebensmotto soll sein Verlag weitergeführt werden: "Gewonnen kann durch Trübseligkeit nie etwas werden."

Foto: Wagenbach/Reinke

Berlin – "Hundert Jahre" sollten seine Bücher halten. Zumindest haben sie ihn nunmehr überlebt. Denn "umgeben von seinen Büchern" ist der Verleger Klaus Wagenbach vergangenen Freitag 91-jährig verstorben. Und was das für Bücher sind, die den gebürtigen Berliner ab 1965 zu einem der prägendsten Verleger Deutschlands machten! Etwa die wegen ihres Formats sogenannten "Quarthefte", die aktuelle Literatur aus Ost- und Westdeutschland zu möglichst geringen Preisen unters Volk bringen sollten. Ziel war wechselseitige Verständigung dank Günter Grass und Ingeborg Bachmann. Doch quittierte die DDR Wolf Biermanns Drahtharfe mit dem Lizenz- und Einreiseverbot für Wagenbach.

Erst 35 Jahre alt, sorgte Wagenbach für literarische Meilensteine: mit Erich Frieds erstem Lyrikband und Vietnam und, einem Hörbuch ("Quartplatte") von Ernst Jandls Laut und Luise oder den 1968 eingeführten, "ausschließlich der Neuen Linken" gewidmeten "Rotbüchern". So war der Verlag in den Studentenrevolten mittendrin. Deren Politik lebte Wagenbach mit einer kollektiven Verlagsverfassung auch selbst, wozu er 1970 die Hälfte des Hauses den Mitarbeitern übertrug, was 1973 in Spaltung und Neugründung mündete.

Neues Profil mit ausländischem "Geschirr"

Ab 1971 war die Polizei öfter zu Gast: nicht nur RAF-Mitglied Ulrike Meinhof machte als Autorin Ärger, Bücher wurden beschlagnahmt. Ab den 1980ern trat die Politik dann in den Hintergrund, Sozial- und Kulturgeschichte (Kleine Kulturwissenschaftliche Bibliothek) sowie französische und italienische Belletristik prägten zunehmend das Profil. "Da es in Deutschland viele trübe Tassen (...) gibt, ist der Import von Geschirr (...) aus dem Ausland notwendig", sagte Wagenbach launig. Seit 2002 leitet seine Frau Susanne Schüssler den Verlag. (wurm, 20.12.2021)