Herba Chemosan beliefert an die 1300 klassische und zusätzlich noch rund 800 Hausapotheken in Österreich mit Medikamenten.

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Im europäischen Pharmagroßhandel wird weiter kräftig umgerührt. Einer der großen Player, die US-amerikanische McKesson-Gruppe, zieht sich komplett aus Europa zurück, nachdem sich das Unternehmen aus Texas in den vergangenen Jahren schon von Beteiligungen getrennt hat. Das hat Folgen auch hierzulande: Die marktführende Herba Chemosan bekommt wieder österreichische Eigentümer.

Vorbehaltlich der Zustimmung der Wettbewerbsbehörde BWB übernehmen die Vorstände Andreas Windischbauer, Andreas Janka und Maximilian von Künsberg Sarre in einem Management-Buyout zu gleichen Teilen 51 Prozent der Herba. 49 Prozent sichert sich die Private-Equity-Gesellschaft der Raiffeisenbankengruppe (RLB) Oberösterreich, Invest AG. Über den Kaufpreis ist Stillschweigen vereinbart worden.

Nach zwei Jahrzehnten wieder österreichisch

Herba Chemosan, die in Österreich laut Eigenangaben rund 1.300 klassische sowie 800 Hausapotheken beliefert, war seit dem Jahr 2000 Teil des US-Konzerns. Die börsennotierte McKesson-Gruppe vertreibt Arzneimittel, pharmazeutische Produkte, technische Lösungen für das Gesundheitsmanagement und die Informationsverwaltung sowie ergänzende Services, die zu einer Kostenreduktion und Qualitätssteigerung im Healthcare-Bereich beitragen sollen.

Nicht zufriedenstellend ist für McKesson das Geschäft in der abgelaufenen Berichtsperiode verlaufen. Die Gesellschaft schrieb rote Zahlen, der Verlust belief sich auf 4,54 Milliarden US-Dollar (4,04 Milliarden Euro) – bei einem Umsatz von 238 Milliarden Dollar. McKesson möchte seine Aktivitäten in Nordamerika bündeln und sich auf spezielle Gebiete wie Onkologie und Biopharma konzentrieren – deshalb der Abschied aus Europa.

Rückzug auf Raten

Dieser Schritt hat sich bereits mit der Bekanntgabe des Rückzugs aus einem Joint Venture mit Walgreens Boots Alliance (WBA) angekündigt. Seit November 2020 sind die deutschen Großhandelstöchter Gehe Pharma Handel (McKesson Europe) und Alliance Healthcare Deutschland (WBA) ein Unternehmen. An diesem war WBA bisher mit 70 und McKesson mit 30 Prozent beteiligt. McKesson will raus, WBA soll die Anteile komplett übernehmen.

Wie geht es nun mit Herba Chemosan weiter? Die Anmeldung des Management-Buyouts samt Einstieg der Invest AG soll "in den kommenden Tagen" bei der Bundeswettbewerbsbehörde erfolgen, mit dem Closing rechne man "Anfang bis Mitte nächsten Jahres", sagte ein Unternehmenssprecher.

1.000 Mitarbeiter an zehn Standorten

"Herba Chemosan spielt in Österreich eine wichtige Rolle bei der Versorgung mit Medikamenten, medizinischen Produkten und aktuell in der Pandemie auch bei der Verteilung von Covid-Impfstoffen", lässt der Generaldirektor der RLB Oberösterreich, Heinrich Schaller, in einer Aussendung wissen. "In einem derart sensiblen Bereich, wo es um die medizinische Versorgungssicherheit in Österreich geht, sind die Eigentümerverhältnisse ein wichtiger Punkt. Daher freut es uns besonders, dazu beitragen zu können, dass sich dieses Unternehmen künftig in heimischer Hand befindet."

Herba Chemosan hat mit rund 1.000 Mitarbeitern an acht Standorten in Österreich sowie jeweils einem in Tschechien und in der Schweiz zuletzt rund 1,5 Milliarden Euro umgesetzt.

Wettbewerbshüter prüfen

Im vergangenen Jahr ist Herba aufgrund einer anonymen Anzeige ins Visier der Wettbewerbshüter geraten. Der Großhändler soll, so der von Herba zurückgewiesene Verdacht, durch künstliche Verknappung Preise hochgehalten haben.

Das sei durch eine Limitierung der Länderkontingente über den Konzern (McKesson, Anm.), "Knebelverträge" mit Apotheken und Zutrittshürden für potenzielle Mitbewerber geschehen, hieß es in der anonymen Beschwerde. Ein echter Preiskampf werde durch die Aufteilung des Marktes verhindert und so Apotheken und Endkunden Schaden zugefügt. "Die Untersuchung läuft noch", hieß es in der BWB auf STANDARD-Anfrage. (Günther Strobl, 21.12.2021)