Wien/Bamako – Noch Anfang des Monats hat Christian Riener im Waldviertel bei minus sechs Grad ein Wildschwein erlegt – am Montagmittag aber sitzt der Brigadier des Bundesheers bei knapp 40 Grad vor einer Kamera in Mali und konferiert mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), die sich im Lagezentrum des Ministeriums über den aktuellen Bundesheereinsatz in Afrika informieren lässt. Und am Dienstag übernimmt er das Kommando über die rund 1.000 Soldatinnen und Soldaten aus 25 Nationen im Rahmen der European Union Training Mission in Mali – kurz EUTM Mali.

Ausbildung in Sachen Menschenrechte

Dabei handelt es sich um ein Ausbildungsprogramm für die Streitkräfte des afrikanischen Landes, die seit Jahren im Einsatz gegen jihadistische Aufständische stehen – aber selbst nur geringe Professionalität aufweisen. "Wir müssen da nicht nur militärische Inhalte vermitteln – da geht es auch um die Menschenrechte, um das Verständnis für demokratische Werte und den Schutz von Zivilisten", sagt Riener zum Auftrag der EU-Truppe.

Brigadier Christian Riener übernimmt das Kommando der EUTM Mali.
Foto: Bundesheer

Diese hat zwei wesentliche Ansprechpartner: Zum einen geht es um die Beratung der Militärspitze von Mali; diese hat mehrfach geputscht, aber für das Frühjahr freie Wahlen angekündigt. Zum anderen geht es um die Truppe bis zur Kompanieebene, die schlecht ausgebildet in den Kampf zieht und nicht in allen Bevölkerungsteilen des ethnisch uneinheitlichen Landes hohes Ansehen genießt.

Dass diese rund 30.000 Mann starke Truppe für die Sicherheit eines von Terrorismus gebeutelten Landes von der 15-fachen Größe Österreichs sorgen soll, ist ohnehin eine Herkulesaufgabe. Dazu kommt ein Mangel an Gerät, der sich vor allem bei der Ausbildung zeigt – denn was an Waffen und Gerät in der malischen Truppe vorhanden ist, ist meist im Einsatz. Aber mit Mangel umzugehen, das ist man im Bundesheer ja gewohnt.

Österreichische Instruktoren erklären das Minensuchgerät.
Foto: Bundesheer

Wozu österreichische Soldaten überhaupt in so relativ ferne Länder entsendet werden? Die Grundüberlegung der EU, an deren Einsatz bei EUTM Mali sich das Bundesheer seit 2013 beteiligt, geht dahin, dass die Staaten der Sahelzone stabilisiert werden und eines Tages eigenständig die Kontrolle des Staatsgebiets unter Einhaltung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts sicherstellen können.

Wirkungen über Mali hinaus

Zudem unterstützt EUTM Mali die Herstellung der operativen Einsatzfähigkeit der gemeinsamen Einsatztruppe und der nationalen Streitkräfte der G5 Sahel (Mauretanien, Mali, Niger, Tschad und Burkina Faso). Das EU-Mandat wurde 2019 in diesem Sinn erweitert.

Brigadier Riener rechnet, dass der Ausbildungsauftrag während der sechs Monate, in denen er das Kommando führt, nach Burkina Faso ausgeweitet werden kann. Allerdings müsse man Geduld haben, denn Strukturen veränderten sich sehr langsam und brauchten mehr als eine Generation, um sich zu verfestigen. Daher gehe es auch um Beharrlichkeit, wie sie das Bundesheer in anderen Einsätzen wie Bosnien-Herzegowina und im Kosovo unter Beweis stelle.

Ausbildungsziele

"Der gesamten Ausbildung liegt ein einfaches Prinzip zu Grunde, nämlich: Gemeinsam mit vielen anderen Akteuren wollen wir vor Ort Sicherheit im Sinne von 'Hilfe zur Selbsthilfe'" produzieren. Das 'Train the Trainer Prinzip' steht dabei im Vordergrund und der Bildungsaspekt findet zusätzlich zu Ausbildungs- und Beratungsaktivitäten seine besondere Berücksichtigung", heißt es in den Unterlagen des Bundeheers.

Training malischer Soldaten.
Foto: Bundesheer

EUTM Mali hat kein exekutives Mandat und beteiligt sich nicht an Kampfeinsätzen. Das ist neben persönlichen (Ausbildung, Helm, ballistische Schutzweste, Bewaffnung mit Sturmgewehr und Pistole) und allgemeinen (gepanzerte/splittergeschützte Fahrzeuge, elektronische Maßnahmen gegen improvisierte Kampfmittel, Minen, Sprengfallen und Straßen Bomben) Schutzmaßnahmen für die eingesetzten Soldaten ein ganz wesentlicher Faktor für den Truppenschutz.

Migration hintanhalten

Die Heranbildung von vertrauenswürdigen und handlungsfähigen Streitkräften gilt als wesentliche Voraussetzung für einen stabilen und funktionierenden Staat. Dadurch werden indirekt negative Auswirkungen auf die äußere und innere Sicherheit Europas und auch Österreichs reduziert.

Wenn es in diesen Staaten nämlich keine sichere Perspektive für die Bevölkerung gibt, wächst der Migrationsdruck auf Europa. (Conrad Seidl, 21.12.2021)