Boric hat seine familiären Wurzeln im Habsburgerreich.

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Gabriel Boric Font hat einen weiten Weg zurückgelegt. Mehr als 3.000 Kilometer lang ist die Strecke von seiner Heimatstadt Punta Arenas an der Magellanstraße zum Palacio de La Moneda, dem Amtssitz des chilenischen Präsidenten. Hier wird ab dem 11. März sein Arbeitsplatz sein, wenn der dann 36-Jährige dank seines Wahlsiegs über den Ultrakonservativen José António Kast die Nachfolge von Amtsinhaber Sebastián Piñera antritt. Dann ist er nicht nur der jüngste Präsident Südamerikas, sondern – nach dem Capitano Reggente von San Marino – weltweit der zweitjüngste amtierende Staatschef.

Der eher unlateinamerikanische Name des 1986 geborenen Boric weist auf seine Herkunft hin: Punta Arenas hat viele kroatischstämmige Einwohner. Rund hundert Jahre vor seiner Geburt waren seine Vorfahren von der Insel Ugljan im Königreich Dalmatien nach Chile ausgewandert und hatten sich als eine von zehn kroatischen Familien in der Región de Magallanes angesiedelt. Boric hat also seine familiären Wurzeln im Habsburgerreich. Mütterlicherseits stammt seine Familie aus Katalonien, seine Freundin Irina Karamanos aus Griechenland.

Seine politische Karriere begann Boric bereits als Schülervertreter. Nach dem Besuch der British School von Punta Arenas wechselte er 2004 für ein Jusstudium an die Universidad de Chile in der Hauptstadt Santiago, wo er sich der linken Studentenbewegung Izquierda Autónoma anschloss. Das Studium schloss er nie ab.

Präsident der Studentenvertreter

2011 wurde er zum Präsidenten der chilenischen Studentenvertretung FECh gewählt. Er spielte eine wichtige Rolle bei den "chilenischer Winter" genannten Studentenprotesten gegen die erste Regierung Piñeras und positionierte sich als radikaler Schreck des Establishments.

Im Sog der Proteste gewann er bei der Parlamentswahl 2013 als unabhängiger Kandidat ein Mandat. Vier Jahre später zog er erneut ins Parlament ein, diesmal mit Unterstützung der in der Zwischenzeit gegründeten linken Plattform Frente Amplio. Als Abgeordneter unterstützte er die 2019 begonnenen Sozialproteste. Im März dieses Jahres nominierte ihn die Partei Convergencia Social zu ihrem Präsidentschaftskandidaten.

Die sozialen Probleme in Chile sind geblieben, aber der einstige langhaarige Revoluzzer hat sein Image geändert: Mit Kurzhaarschnitt und gestutztem Bart machte sich Boric im Wahlkampf auch für bürgerlichere Wählerschichten adrett – mit Erfolg. (Michael Vosatka, 20.12.2021)