Eine Aufnahme aus dem September 2020: Karl Nehammer im Transportflieger mit einer Lieferung österreichischer Hilfsgüter nach der Landung in Athen.

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Es war wohl das, was man eine klassische Weihnachtsmeldung nennt: Kurz vor dem Heiligen Abend 2020 verbreitete die Regierung die Botschaft, sie wolle 500 Kindern in den Flüchtlingslagern von Lesbos helfen – indem man Betreuungsplätze schafft, an denen sie sicher sind und Lebensqualität zurückbekommen. Zuvor hatten sich die Meldungen über katastrophale Zustände in den Flüchtlingslagern gemehrt. "Das Klopfen der Herbergssuchenden sollten wir nicht überhören", richtete Kardinal Christoph Schönborn damals der Regierung aus und forderte sie auf, Schutzsuchende aufzunehmen.

Doch die Regierung blieb bei ihrem Mantra von der Hilfe vor Ort und legte stattdessen ebendiesen Plan vor. Nur: Der wurde nach wie vor nicht umgesetzt, wie eine aktuelle Antwort von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) auf eine parlamentarische Anfrage des Neos-Abgeordneten Helmut Brandstätter zeigt.

Corona und Chaos

"Derzeit sind täglich bis zu 120 Kinder des Lagers Kara Tepe II in Tagesbetreuung. Insgesamt ist dieses Angebot bisher 400 Kindern zugutegekommen", heißt es in der Antwort. Schon im August, als die Regierung in der Afghanistan-Krise ebenfalls Hilfe vor Ort versprach, war man auf diesem Niveau. Bekannt ist nun auch, wie viel Geld die Regierung dafür bisher ausgegeben hat: "Das Projekt wird von SOS Kinderdorf mit insgesamt 2,85 Millionen Euro veranschlagt. Diese Kosten werden von der Bundesregierung übernommen. Bislang wurden davon 623.615 Euro ausbezahlt", heißt es.

Daran, dass doch deutlich weniger Kinder betreut werden als geplant, wird sich so bald wohl auch nichts ändern. Auf Anfrage des STANDARD bestätigt SOS Kinderdorf, das die Betreuungsstätten betreibt, die von Schallenberg genannten Zahlen. Und gibt weiter an: "Die Planung für das Projekt für das Jahr 2022 sieht vor, die Betreuung im aktuellen Umfang fortzuführen. Ein weiterer Ausbau ist nicht geplant bzw. realistisch".

Gründe dafür, warum man schlicht nicht mehr Kinder auf Lesbos betreuen könne, gibt es mehrere. Bei SOS Kinderdorf spricht man von einem "organisatorischen Chaos" im Lager, vor allem aber von der Schwierigkeit, "einen sicheren, geeigneten Ort für Kinder zu finden, der den Anforderungen der Behörden entspricht". Dazu komme weiterhin die Corona-Situation.

Aber auch insgesamt habe sich die Situation im Lager verändert. Vor etwa einem Jahr, als die Regierung ihr Weihnachtsversprechen gab, seien 7.500 Menschen im Lager gewesen, davon 2.500 Kinder. Nun seien 2.800 Geflüchtete auf Lesbos, davon etwa 800 Kinder. Man bekomme daher auch weniger Meldungen von der Lagerleitung "und können aktuell auch alle Kinder betreuen, die uns von der Lagerleitung gemeldet werden".

Unklar, wo Hilfsgüter sind

Doch das waren nicht die einzigen Hilfsleistungen, die Österreich für Lesbos ankündigte. Schon im September 2020 flog der damalige Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) persönlich nach Athen. Im Gepäck: 55 Tonnen Hilfsgüter, bestehend aus 400 Familienzelten, 2.000 Hygienepaketen, 200 Zeltheizungen, 400 Zeltbeleuchtungen, 7.400 Decken und 2.700 aufblasbaren Matratzen, Polstern und Bettwäsche. Im Oktober berichtete dann das "Profil", dass die Lieferung immer noch am Flughafen liege. Laut Recherchen des ORF hat man etwa Heizstrahler nicht verwenden können, weil es dafür keinen Strom gebe.

Auch nach diesen Hilfsgütern fragten die Neos in ihrer parlamentarischen Anfrage. Dazu verweist Schallenberg auf frühere Anfragebeantwortungen und schreibt: "Details darüber, welche der österreichischen Hilfsleistungen derzeit im Lager verwendet werden, stehen dem Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten nicht zur Verfügung." (elas, 21.12.2021)