Das Arbeitsleben hat sich für viele schlagartig verändert. Der pandemiebedingte, massenhafte Wechsel ins Homeoffice brachte plötzlich neue Technologien ins Spiel, die auch eine neue Art, eine neue Kultur der Kommunikation einfordern. Doch wie weit geht die Akzeptanz dieser neuen Online-Werkzeuge im Job tatsächlich? Und wie wird etwa eine Führungskraft wahrgenommen, wenn sie lediglich virtuell vermittelt führen kann?

Das Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Vorerst nutzen die Heimarbeitenden aber wenige spezialisierte Tools zur Online-Zusammenarbeit, sondern setzen auf Altbewährtes.
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Fragen dieser Art ging eine Studie zum Thema "Virtual Leadership" nach, die Christian Marquart und Barbara Waldhauser von der Fachhochschule des Berufsförderungsinstituts BFI Wien mit Kolleginnen und Kollegen durchgeführt haben. Sie sind Teil des "Kompetenzteams New Work, New Business", dessen Forschungen von der Stadt Wien gefördert werden. Die Forschenden befragten im Sommer 2021 – also nach den ersten drei Lockdowns – Erwerbstätige mit und ohne Führungsfunktion, die über die FH oder die kooperierende Personalagentur Lindlpower kontaktiert wurden. In den 205 Datensätzen, die zusammenkamen, waren Hochschulabsolventen sowie Frauen überproportional vertreten.

Vorweg: Auch diese Studie bestätigt, dass das Prinzip Homeoffice gekommen ist, um zu bleiben. "Zwar glauben mit etwa elf Prozent relativ wenige der Befragten, dass man künftig drei Viertel der Arbeitszeit oder mehr zu Hause verbringen wird. Ein Großteil der Befragten – etwa 60 Prozent – geht davon aus, dass sich wesentliche Zeitanteile von 25 oder 50 Prozent ins Homeoffice verschieben werden", sagt FH-Professorin Waldhauser.

Online-Werkzeuge

Ein zentraler Untersuchungsgegenstand war, welche Online-Werkzeuge hauptsächlich verwendet werden. Das vielleicht überraschende Ergebnis: Spezialisierte Anwendungen für die virtuelle Zusammenarbeit, sogenannte Social Collaborations Tools wie die in der Studie genannten Produkte Trello, Asana, Slack oder Microsoft Teams, werden weiterhin kaum verwendet. Konventionelle Modi wie Videotelefonie, Telefonie, Chats und E-Mail werden jeweils von etwa doppelt so vielen Personen benutzt. "Es gab natürlich einen großen Digitalisierungsschub durch die Lockdowns. Aber man fokussiert doch lieber auf jene Werkzeuge, die man kennt, bevor man Zeit investiert, um Neues zu lernen", resümiert Waldhauser. Noch ein weiterer Faktor könnte die Modernisierungsfreude bremsen: "Man muss bedenk en, dass es um Krisenzeiten geht. Viele Unternehmen waren im Notfallmodus, da ist nicht die Zeit, viele neue Systeme auszuprobieren", betont Projektleiter Marquart.

Die Forschenden haben zudem die Akzeptanz der Werkzeuge in verschiedenen Altersgruppen untersucht. Dabei zeigt sich unter anderem, dass die Präferenz für E-Mail bei jüngeren Menschen zurückgeht. Vor 1980 Geborene präferieren E-Mails in der Kommunikation mit der Führungskraft, während nach 1996 Geborene dem Medium signifikant weniger Bedeutung zumessen. Die vor 1962 geborene Babyboomer-Generation hält im Gegensatz zu den Nachgeborenen auch relativ wenig von der Videotelefonie. Einig scheinen sich alle Altersgruppen lediglich bei der Ablehnung der Kollaborationstools zu sein – hier gibt es keine Generationenunterschiede.

Medienkompetenz

In der Studie wurde auch nach der Beziehungsqualität betreffend die Führungsperson sowie nach der wahrgenommenen Medienkompetenz des Chefs, der Chefin gefragt – zwei Faktoren, die sich auch gegenseitig beeinflussen. Immerhin knapp 74 Prozent geben an, dass sich diese Beziehungsqualität – die mehrheitlich positiv eingestuft wird – auch mit dem Umstieg auf die virtuelle Zusammenarbeit nicht verändert hat. Je besser die Beziehungsqualität eingeschätzt wird, desto positiver wird auch die Medienkompetenz der Vorgesetzten eingeschätzt. Mehr als zwei Drittel sind zufrieden, wenn die Führungskraft punkto Medienkompetenz auf demselben Niveau wie man selbst ist. "Die Ergebnisse zeigen, dass eine gute Führungskraft wesentlich mehr auszeichnet als lediglich die Kompetenz im virtuellen Setting. Gleichzeitig sollte für Vorgesetzte das Arbeiten an einer guten Beziehung mit Mitarbeitern nicht an Bedeutung verlieren, nur weil es jetzt mehr virtuelle Kooperation gibt", sagt Waldhauser.

"Für mich legt die Studie auch nahe, dass es das persönliche Gespräch für den Beziehungsaufbau braucht. Die inhaltliche Zusammenarbeit kann aber durchaus stärker virtuell passieren", ergänzt Marquart. "In diesem Bereich einer hybriden Führungsform, die Kompetenzen aus virtuellen und analogen Arbeitssettings vereint, entsteht gerade ein neues Forschungsfeld." (Alois Pumhösel, 30.12.2021)