Die Post kündigte bereits an, das Urteil fristgerecht umzusetzen.

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Der Oberste Gerichtshof hat in einer am Dienstagabend veröffentlichten Entscheidung bestätigt, dass die Österreichische Post ihre marktbeherrschende Stellung bei Werbesendungen missbraucht hat. Großkunden wurden für Sendungen höhere Rabatte gewährt als Konsolidierern, die die Abwicklung für mehrere Unternehmen übernehmen und dann gesammelt an die Post übermitteln. Aus Sicht der Höchstrichter war das unzulässig. Der größere Teil des Verfahrens ist allerdings noch offen und wird wohl erst kommendes Jahr entschieden (OGH 11.11.2021, 16 Ok 3/21h).

Die Post bietet über den Service "Info.Mail" persönlich adressierte Werbesendungen an Geschäftskunden an – und hat dabei einen Marktanteil von 99 Prozent. Die Datenaufbereitung, der Druck, die Kuvertierung und die Auslieferung der Sendungen an die Post werden dabei entweder von den werbenden Unternehmen selbst oder von einem Konsolidierer erledigt. Die Konsolidierer holen sich die Sendungen für gewöhnlich beim Unternehmen ab, sortieren sie und liefern sie zu den Verteilerzentren der Post.

Unterschiedliche Rabatte

Für die weitere Verarbeitung und Auslieferung schließt die Post sowohl mit Großkunden als auch mit Konsolidierern Jahresverträge ab. Darin wird festgelegt, unter welchen Bedingungen Rabatte gewährt werden. Die Post hat dabei allerdings zwischen den Unternehmen unterschieden: Ab 2018 gingen die Rabatte für Konsolidierer stark zurück. Im Jahr 2019 entsprach deren Rabatt nur noch 34 Prozent jenes Rabatts, den die Großkunden erhielten.

Der Sachverhalt wurde von Portoservice.at und drei weiteren österreichischen Unternehmen ans Kartellgericht herangetragen. Dieses stellte einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung fest, der Oberste Gerichtshof bestätigte nun die Entscheidung. Dass die Sendungsmengen bei den Großkunden insgesamt größer waren, rechtfertige die ungleichen Rabatte nicht. Es handle sich nämlich nicht um reine Mengenrabatte. Dazu kam, dass die genauen Tarifvereinbarungen unzulässigerweise geheim gehalten wurden. Laut den Gerichten hat das Verhalten der Post darauf abgezielt, "den Wettbewerb zu ihren Gunsten zu beeinträchtigen".

Portoservice.at musste im Jahr 2018 wegen der Diskriminierung durch die Post aus dem Markt austreten. Seither ist laut dem Kartellgericht der Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung allerdings weitergegangen. Die Post nehme "nach wie vor für sich in Anspruch, zur Ungleichbehandlung von Großkunden und Konsolidierern berechtigt zu sein".

Verfahren noch nicht beendet

Laut dem Rechtsanwalt Johannes Öhlböck, der Portoservice.at im Verfahren vertrat, ist der Missbrauch nach erfolgter Zustellung der Entscheidung nun binnen eines Monats abzustellen. "Damit werden in Kürze gleiche Wettbewerbsbedingungen am Postmarkt wiederhergestellt", sagt Öhlböck. Portoservice.at werde zudem als Hauptbetroffener Ersatzansprüche geltend machen und wieder in den Markt eintreten. Wie hoch der Schadenersatz sein wird, könne man aber noch nicht abschätzen.

Eine Ad-hoc-Meldung an die Aktionäre hat die börsennotierte Post nicht erstattet. Dazu ist das Volumen der betroffenen Rabatte vermutlich zu gering. Eine weitere Entscheidung ist allerdings noch offen. So soll die Post Portoservice.at bei Briefen zu niedrige Vorleistungsentgelte gewährt haben. Erbringen Unternehmen wie Portoservice.at im Vorfeld Dienstleistungen, bekommen sie dafür Entgelte. Die Post hatte diese Vergütungen aber deutlich gekürzt.

Ein weiterer Verfahrensteil ist zu der Frage anhängig, ob die Post bestimmten Geschäftskunden ermöglicht hat, durch Wahl des Auslieferorts frei auszusuchen, ob sie die Umsatzsteuer bezahlen oder nicht. Die Post werde die höchstgerichtliche Entscheidung "natürlich" akzeptieren und umsetzen, hieß es. Die offenen Verfahrensteile will das Unternehmen nicht kommentieren. (Jakob Pflügl, 22.12.2021)