Die Wissenschafter beim Installieren von Messgeräten in einem Gletschervorfeld am Fuß des Matterhorns.

Foto: J. Moore/ University of Utah

So stabil sie aus der Ferne aus wirken mögen, sie wanken dennoch, wenn auch im mikroskopischen Dimensionen: Bergspitzen schwingen im Takt zahlreicher Einflussgrößen, wie ein internationales Forschungsteam nun am Beispiel des Matterhorns nachgemessen hat. Angeregt durch Gezeitenkräfte, Wind, natürliche Erdbeben und menschliche Aktivitäten ist der 4.478 Meter hohe Gipfel in den Walliser Alpen in der Schweiz ständig in Bewegung

14 Mal stärker

Der Gipfel rührt sich demnach im Vergleich zum Fuß des Berges bis zu 14 Mal stärker, berichtet ein Team um Samuel Weber vom WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF). Die Verstärkung der Bodenbewegungen mit zunehmender Höhe lässt sich dadurch erklären, dass der Gipfel frei schwingen kann, während die Basis des Berges fixiert ist.

Die Analyse der seismischen Bodenunruhe und der Erdbebenanregungen wird beispielsweise verwendet, um Fels- und Hanginstabilitäten in Bezug auf ihr Verhalten bei Erdbeben zu beurteilen. "Wir vermuten, dass Gebiete, in denen die Bodenvibrationen verstärkt werden, anfälliger für Rutschungen und Felsstürze sein könnten, wenn ein Berg von einem Erdbeben erschüttert wird", erklärt Jeff Moore von der Universität Utah, der die Studie am Matterhorn initiiert hat.

Je dunkler desto größer die Bewegung: Die Messungen zeigen, dass das Matterhorn mit einer Frequenz von 0,43 Hertz ungefähr in Nord-Süd-Richtung und mit 0,46 Hertz in Ost-West-Richtung schwingt.
Illustr.: WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF)

Pulsmessen am Berg

Die Wissenschafter installierten rund um das Matterhorn Seismometer, die den Puls des frei stehenden Berges in den Walliser Alpen fühlten. Sie platzierten Mess-Stationen unmittelbar am Gipfel, entlang des Grats sowie am Fuß des Berges. Demnach bewegt sich der 4.470 Meter hohe Gipfel in gut zwei Sekunden um wenige Nano- bis Mikrometer hin und her.

Die Schwingung erfolge zum einen in Nord-Süd-Richtung sowie in ungefähr gleicher Frequenz von 0,42 Hertz in Ost-West-Richtung, wie das Team im Fachmagazin "Earth and Planetary Science Letters" schreibt. Saisonale Schwankungen, ausgelöst beispielsweise durch Temperatur- oder Eis-Veränderungen, konnten die Forschenden nicht beobachten.

Seismologen des Schweizerischen Erdbebendienstes führten ähnliche Messungen am Großen Mythen durch. Demnach zeigten sich an diesem "Miniatur-Matterhorn" ähnliche Schwingungsmuster, allerdings war die Frequenz bei diesem 1.898 Meter hohen Berg rund vier Mal höher als bei seinem großen Walliser Bruder. (red, APA, 25.12.2021)