Jesus war ein Freund der Abgehängten und "ragazzi di vita".
Foto: Manfred Rebhandl

Jesus von Nazareth ist – noch! – 2020 Jahre alt, als ich ihn am 17. Dezember am wunderschönen Friedhof von Casarsa della Delizia im italienischen Friaul treffe. Dort hängt er an einem Grabstein in der Sole herum, es ist wunderbar tranquillo, beinahe friedlich. Er schaut auf das Grab des Dichters P. P. Pasolini hinüber, der ja wie er ein Leftie war, ein Freund der Abgehängten und "ragazzi di vita", und obwohl er – wie immer eigentlich – verklärt dreinschaut, ist J. C. an diesem Tag nicht glücklich: "Mi sento schifo!", klagt er, es geht ihm beschissen. Was ich nicht verstehe, denn: "Du bist doch Gott!"

"Aber im Veltliner und im Öfferl bin ich eben auch drin!", entgegnet er gereizt, als würde er unter den Zuschreibungen für sein Fleisch und Blut leiden. Jedenfalls: Die Sache mit der Nächstenliebe, klagt er, käme als Message überhaupt nicht an, und die Menschenkinder insgesamt: "Sicher nicht der beste Teil meiner Schöpfung! Da ist mir der Hirschkäfer besser gelungen." Ob er, dreieiniger Gott, uns also etwas sagen wolle, frage ich, etwas, das wir noch nicht wissen? "Ich war nie blond!", sagt er. "Und mit Maria Magdalena lief nix, niente!"

J. C. gewährt mir dann noch eine letzte Frage, und ich möchte wissen, ob er Inter- oder Milan-Fan ist. "Pazza Inter!", ruft er. Verrücktes Inter! Das war’s dann auch schon wieder, keine Fragen mehr. Ich rufe ihm "Alles Gute zum Geburtstag, falls wir uns nicht mehr sehen!" zu, und er entgegnet: "Vaffancül!" Ganz gereizte Mailänderin, die er eben auch ist! Dankbar, ihn getroffen zu haben, dreh ich mich um und gehe hin in Frieden. (Manfred Rebhandl, 24.12.2021)