Nachdem junge Menschen sich in der Pandemie vermehrt draußen trafen, gab es daran heftige Kritik.

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Die Auswirkungen der Corona-Krise auf Kinder und Jugendliche sind enorm: Monatelang konnten sie nicht zur Schule oder an die Universität, jene, die schon in Berufen sind, mussten ihren Arbeitsalltag teils völlig umstellen und so gut wie alles, was man üblicherweise als Ausgleich zu derartigen negativen Erlebnissen macht, war oder ist verboten.

Daten dazu gibt es schon längst: Depressionen breiten sich auch, ebenso Angststörungen und Suizidgedanken. Und doch werden bei Pressekonferenzen der Regierung und medial nur in Ausnahmefällen die Auswirkungen auf Jugendliche thematisiert. Gegenteil: Im Lauf der Pandemie machten Bilder von jungen Menschen, die sich draußen treffen, die Runde – oft versehen mit dem Vorwurf, diese würden sich an keine Regeln halten. Daraufhin verhängte Wien dort und an anderen Orten eine Maskenpflicht.

Wie viel die Jugend selbst zu Wort kommt, zeigt sich auch darin, wie Beratungs- und Krisengremien besetzt sind. Davon gibt es zahlreiche, die jüngste heißt Gecko. Darin sitzen die "besten Köpfe des Landes", wie Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) es formulierte, dazu zählen renommierte Epidemiologen, Virologinnen, Vertreter des Heeres, Juristinnen und: Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer, der Ärzte- und der Apothekerkammer. Wer nicht drinsitzt, das ist die Bundesjugendvertretung (BJV), sie ist die gesetzlich verankerte Interessenvertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich.

Perspektivlose Generation

Das kritisiert nun etwa Ilkim Erdost. Sie ist ehemalige SPÖ-Bezirksrätin, war lange Zeit Leiterin der Wiener Jugendzentren und ist nun Leiterin des Bereichs Bildung, Konsumenten in der Arbeiterkammer Wien. "Am Anfang der Pandemie haben wir uns gefragt, ob das eine Generation prägen wird, oder nicht", sagt Erdost. "Heute wissen wir: Selbstverständlich prägt es eine Generation". Die Pandemie dauert nun schon fast zwei Jahre an, die Folgen werden bleiben: "Als wesentlicher Sozialisationsaspekt einer Generation, die unter sozialer Isolation, unter geschlossenen Schulen und einer Perspektivenlosigkeit leidet".

Nur: Ebendiese Probleme schlagen sich laut Erdost nicht in der politischen Entscheidungsstruktur nieder: "In keinem der hochrangigen Krisenstäbe finden sich auch Vertreter der jungen Generation", sagt sie, "diese Schieflage muss dringend aufgelöst werden." Gerade bei Gecko hätte man mit einem völlig neuen Stab die Chance gehabt, da gegenzuarbeiten, das sei nicht geschehen. Bleibe Gecko in seiner jetzigen Form, dann würden sämtliche Mitglieder den Blick auf Kinder und Jugendliche "wenn dann aus dem privaten Bereich" mitbringen – und damit nur die Perspektive von Kindern einer bestimmten sozialen Herkunft.

Vertretung berichtet von mühsamen Reinreklamieren

Nachgefragt bei der BJV gibt man dort an, man sei tatsächlich nicht gefragt worden, ob man mit an den Tisch wolle. "So wie auch bei keinem Krisenstab", sagt Sabir Ansari aus dem Vorstand der BJV. Dabei wäre das "absolut ein Anliegen", sagt Ansari, immerhin vertrete man etwa drei Millionen Menschen in Österreich. Man sei zwar immer wieder im Austausch mit dem Gesundheitsministerium, habe etwa eine Zehn-Punkte-Charta ausgearbeitet, doch: "Das Reinreklamieren kostet viel Zeit, es wäre wichtig, dass wir von Anfang an dabei sind".

So bleibt der BJV übrig, sich mit Presseaussendungen zu Wort zu melden, in der jüngsten fordert sie etwa Testkapazitäten, dass man das Contact Tracing verbessert und: "sofort umfangreiche Sicherheitskonzepte für den Schul- und Kindergartenstart im Jänner, um Kinder und Jugendliche vor einer Ansteckung zu schützen".

Auf Anfrage des STANDARD heißt es aus der Gecko-Kommission, die BJV sei "selbstverständlich" herzlich eingeladen, dem Gremium Stellungnahmen, Ideen und Inputs zu liefern. Außerdem könnten auch Personen, die nicht Teil der Kommission sind, zu Fachfragen einladen werden – "das wird auch bei der Bundesjugendvertretung aller Voraussicht nach der Fall sein."

Werden die Perspektiven der Jungen nicht stärker in den Fokus genommen, so fürchtet Erdost jedenfalls einen Generationenkonflikt. "Je mehr das ignoriert wird, desto mehr mangelt es am Vertrauen der Jugend in die Erwachsenengeneration, dass sie in der Lage ist, Herausforderungen zu lösen", sagt sie. Das merke man im Falle der Klimakrise, und das merke man noch viel unmittelbarer in der Corona-Krise: "Da geht es ums jetzt. Jetzt sind wir noch in der Lage diese Prägungen abzumildern." (elas, 26. 12.2021)