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Der Salt Lake Temple, die größte Gebetsstätte der "Church of Jesus Christ of Latter-day Saints", wie die größte Mormonenkirche sich offiziell nennt.

Foto: AP/Rick Bowmer

Die Glaubensgemeinschaft der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", der größte Zweig der Mormonen, hat eines ihrer wohlhabendsten Mitglieder verloren. Wie der "Guardian" berichtet, ist der Tech-Milliardär Jeff Green öffentlich auf Konfrontationskurs mit der religiösen Bewegung gegangen.

In seinem Austrittsschreiben an das aktuelle Oberhaupt Russell Nelson erklärte er, den Glauben ohnehin seit über einem Jahrzehnt nicht mehr aktiv praktiziert zu haben, nun aber auch formal die Gemeinde zu verlassen. Kritik übt er dabei vor allem an den sozialen Standpunkten der Mormonen.

Erste Spende an LGBTQI-Organisation

"Während die meisten Mitglieder gute Leute sind, die versuchen, das Richtige zu tun, richtet die Kirche selbst aktiv Schaden in der Welt an", schreibt Green. "Ich denke, die Kirche behindert den weltweiten Fortschritt bei Frauenrechten, Bürgerrechten, der Gleichstellung von Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und den Rechten von LGBTQI-Personen."

Jeff Greens Vermögen wird auf rund fünf Milliarden Dollar geschätzt.
Foto: Tradedesk

Zu den weiteren Vorwürfen gehört auch fehlende Transparenz im Umgang mit der eigenen Geschichte und den Finanzen, darunter ein 100 Milliarden Dollar schweres Investmentportfolio. Nach dem Hinweis eines Whistleblowers im Jahr 2019 wurde die US-Steuerbehörde IRS auf selbiges aufmerksam. Laut dem Insider soll die Kirche Spenden von Mitgliedern angehäuft haben, die eigentlich für karitative Zwecke vorgesehen waren.

Gemeinsam mit Green traten elf Familienmitglieder und ein Freund aus. Green ist CEO und Vorstand der von ihm 2009 gegründeten Werbetechnologiefirma Trade Desk. Sein Vermögen wird auf rund fünf Milliarden Dollar (derzeit etwa 4,4 Milliarden Euro) geschätzt. Green plant, 90 Prozent seines Vermögen zu spenden. Den Anfang machte mit seinem Kirchenaustritt eine 600.000-Dollar-Überweisung an Equality Utah, eine Organisation, die sich für die Rechte von LGBTQI-Personen in dem von den Mormonen weitestgehend kontrollierten Bundesstaat einsetzt.

Konservativ mit liberalen Sprenkeln

Die gesellschaftlichen Positionen der mormonischen Kirche sind konservativ, wenn auch deutlich liberaler als etwa die Haltung vieler evangelikaler Bewegungen in den USA. Erst in den 1970ern ermöglichte man es schwarzen Männern, Priester zu werden, Frauen sind von dem Amt weiterhin ausgeschlossen.

Ein Verbot sogenannter Konversionstherapien für homosexuelle Menschen, die wissenschaftlich als nutzlos und traumatisierend gelten, in Utah beeinspruchte man nicht. Zuletzt spendete man an Initiativen für die Unterstützung von Afroamerikanern und arbeitete mit Equality Utah zusammen, um ein LGBTQI-Diskriminierungsverbot zu erarbeiten – allerdings mit religiösen Ausnahmeregelungen. Homosexuelle Eheschließungen lehnt man weiterhin ab, hinsichtlich des Themas Sex vor der Ehe befindet man sich auf Linie mit den Evangelikalen. Nach eigenen Angaben hat die Kirche weltweit rund 16,6 Millionen Mitglieder – davon 6,7 Millionen in den USA –, die sich auf 31.000 Kongregationen aufteilen.

Green hat sein Schreiben am Montag an die Kirche übermittelt und veröffentlicht. Auf eine Anfrage zur Stellungnahme durch Associated Press reagierte man bislang nicht. (gpi, 23.12.2021)