Inwiefern sind Brauchtumspflege und Traditionen heute noch zeitgemäß oder eben nicht? Kindergartenbesuche von Nikolo und Krampus werden nicht nur aufgrund antiquiert anmutender, sogenannter schwarzer Pädagogik, die auf Angst, Abschreckung und Unterwürfigkeit basiert, hinterfragt. Auch die heute breiter gefächerte Demografie und Zugehörigkeit zu anderen Religionen als zum Christentum sind nennenswert; grosso modo in urbanen Vierteln vor allem multikultureller Großstädte.

Diesen Fragen gehen zwei neue Publikationen über die Weihnachtszeit nach. Jenseits des Kulturkampfes zwischen Christkind und Santa Claus, abseits aus dem Rahmen fallender Perchtenläufe, die immer öfter zu Gewaltexzessen und frustrierten Männlichkeitsritualen mutieren, existieren noch Traditionen, die auch im 21. Jahrhundert relevant geblieben sind.

Der Historiker Johannes Sachslehner beschreibt in Still, still, still, einem bibliophil wie liebevoll gestalteten Buch über Weihnachten wie damals, Geschichten über das Brauchtum, garniert mit Rezepten der 2016 verstorbenen Autorin zahlreicher Kochbücher Ingrid Pernkopf rund um die angeblich stillste Zeit im Jahr. Wie weit sich das "Fest der Liebe" durch das hektische Treiben und den Konsumwahn unserer Tage sowohl von der Religiosität als auch vom spirituellen, philosophischen, über sämtliche Glaubenskongregationen hinweg gültigen Maxime der Einkehr eines friedvollen Festes entfernt haben, illustrieren jedoch die historischen Erkenntnisse Sachslehners ebenso wie die Gschichtln und Schnurren, Gedichte und Prosastücke in Herbert Gschwendtners, von Eva Auer feinsinnig illustrierter Fibel über den Hüttenadvent.

Foto: Verlag
Ingrid Pernkopf und Johannes Sachslehner, "Still, still, still". € 30,– / 208 Seiten. Styria-Verlag, Wien/Graz 2021
Herbert Gschwendtner, "Hüttenadvent. Weihnacht wie damals". € 22,– / 132 S., Verlag Anton Pustet, Salzburg 2021
Foto: Verlag

Was beiden Büchern gemein ist, sind die besonnen gesponnenen, ineinander verwobenen, zeitgemäßen Ansätze über Sinn und Aufgabe von Tradition und Brauchtum, abseits nationalistischen, rassistischen, revanchistischen oder totalitären Gedankenguts. Weihnachten ist schlicht wesentlicher integrativer Bestandteil unserer Kultur, im Kontext der Werte und Geschichte Synonym des jüdisch-christlichen Abendlandes. (Gregor Auenhammer, 23.12.2021)