Für Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) ist die Impfkampagne in Österreich eine "Erfolgsgeschichte". Dennoch sind hierzulande nach wie vor zu viele Menschen ungeimpft.

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Am 27. Dezember 2020 wurde die erste Person in Österreich gegen Corona geimpft. Ein Jahr später verzeichnet das Land mehr als 16 Millionen Impfstiche. Damit seien tausende Todesfälle und zigtausende Krankenhausaufenthalte verhindert worden, resümierte der grüne Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein am Dienstag. Im vergangenen Jahr hätten sich pro Minute ungefähr 30 Menschen impfen lassen. Diese "Erfolgsgeschichte", wie sie Mückstein nannte, müsse jedoch fortgesetzt werden.

Es gebe nämlich nach wie vor viele Menschen, die mit Aufklärung und logischen Argumenten nicht zum Impfen bewegt werden können, befand Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP). Dessen Ressort hat deshalb bei der Statistik Austria eine Studie in Auftrag gegeben, die sich erstmals dem Impfstatus der Bevölkerung nach sozioökonomischen Merkmalen widmen sollte.

Durch die Daten, die pseudonymisiert aus dem Nationalen Impfregister und dem Epidemiologischen Meldesystem bezogen und anschließend verknüpft wurden, soll klarer werden, wo weitere Impfkampagnen ansetzen sollen, sagte Mückstein. "Die Zahlen zeigen, wo wir genauer hinschauen müssen." Dem soll sich unter anderem die neu eingerichtete Corona-Krisenkoordination Gecko widmen, die am Dienstag ihre thematischen Untergruppen, etwa für das Impfen, einrichtete.

Unterschiede in den Branchen

Aus der Studie lässt sich ableiten, dass die Impfbereitschaft stark mit dem Bildungsniveau zusammenhängt, wie der Generaldirektor der Statistik Austria, Tobias Thomas, ausführte. So liegt die Impfquote in der Gruppe der 25- bis 64-Jährigen mit Hochschulabschluss beispielsweise bei etwa 84 Prozent und damit deutlich höher als bei jenen, die höchstens einen Pflichtschulabschluss haben (68 Prozent). Es spielt in dieser Altersgruppe aber auch eine Rolle, ob jemand einem Job nachgeht (76 Prozent) oder nicht (69 Prozent).

Wesentliche Unterschiede bei der Impfbereitschaft bestehen auch zwischen einzelnen Branchen. Im Informations- und Kommunikationszweig (85,4 Prozent) sowie in der öffentlichen Verwaltung (83,4 Prozent) werde den Daten nach hervorstechend viel geimpft, äußerst wenig dagegen in der Land- und Forstwirtschaft (67,4 Prozent) sowie in der Baubranche (64,8 Prozent). Das Gesundheits- und Sozialwesen verzeichnet übrigens eine Impfquote von 78,6 Prozent.

Hohe Quote im Bildungsbereich

Für Polaschek waren vor allem Daten für den Bildungsbereich "erfreulich". Demnach hätten bereits mehr als die Hälfte der 600.000 Schülerinnen und Schüler einen Impfschutz, in der AHS-Oberstufe seien es sogar 72 Prozent. Auch unter Lehrerinnen und Lehrern sei die Quote mit 85 Prozent hoch. Diese werde sich im gesamten Bildungsbereich durch die Impfpflicht ab Februar noch weiter erhöhen, zeigte sich Polaschek sicher. Die Impfung sei neben den anderen Sicherheitsmaßnahmen wichtig, damit die Schulen künftig geöffnet bleiben können. Polaschek hob zudem hervor, dass in den Universitäten 86 Prozent der rund 395.000 Studierenden geimpft seien, sogar 92 Prozent an den Medizinischen Universitäten.

In Türkei Geborene als Vorreiter

In der Studie zeigt sich, dass die Impfquote bei österreichischen Staatsangehörigen mit rund 70 Prozent deutlich über jener von Menschen ohne österreichischen Pass liegt (51,5 Prozent). Zwischen in Österreich und nicht in Österreich Geborenen beträgt der Unterschied dann nur noch fünf Prozentpunkte. Jedenfalls gebe es nicht "die migrantische Community", wie Mückstein erklärte. Der Gesundheitsminister betonte, dass die Impfbereitschaft hierzulande bei Menschen aus der Türkei mit 73 Prozent höher als jene der in Österreich Geborenen (67,6 Prozent) sei, bei Deutschen und Afghanen betrage sie rund 72 Prozent. Die Schlusslichter bilden Menschen aus Rumänien (42,6 Prozent) und der Russischen Föderation (44,5 Prozent).

Bei jenen Daten gibt die Statistik Austria zu bedenken, "dass ein Teil der im (benachbarten) Ausland erfolgten Impfungen im Nationalen Impfregister Österreich nicht nachgetragen wurde. Hinweise darauf ergeben sich aus dem Vergleich der Impfquote des Herkunftslands mit der Impfquote der in Österreich lebenden Personen entsprechend der Herkunft."

Je älter, desto eher geimpft

Über alle Altersgruppen hinweg liegt der Anteil der Geimpften inklusive der Geimpften als auch Genesenen bei 67 Prozent. Etwas unter vier Prozent der Bevölkerung sind nur genesen, und rund 30 Prozent sind weder das eine noch das andere. Laut Statistik Austria zeigen sich zwischen Männern und Frauen gesamt gesehen keine gravierenden Unterschiede. Lediglich nicht erwerbstätige junge Frauen weisen eine etwas geringere Impfquote als gleichaltrige Männer auf. Warum das so ist und ob das an dem widerlegten Gerücht liegt, dass Frauen nach einer Impfung nicht schwanger werden können, konnte Thomas nicht aufdröseln, da die Motivlage nicht ausgewertet wurde. Mückstein sagte einmal mehr, dass die Impfstoffe sicher seien und man gegen solche Fake-News vorgehen wolle.

Das Alter spielt bei der Impfbereitschaft durchaus eine Rolle. Zwar ist die Zahl der Geimpften bei den 50- bis 59-Jährigen am höchsten, gemessen an der Bevölkerung ist die Gruppe zwischen 75 und 84 Jahren führend. Bei den Zehn- bis 14-Jährigen mache sich schon ein Anstieg bemerkbar, erklärte Thomas. Im Alter von 25 bis 34 Jahren gebe es mittlerweile ein "gewisses Plateau".

Wenig überzeugt von der Studie war Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Diese sei lediglich ein "Problemaufriss" mit einer bereits bekannten Aussage, "konkrete Lösungen bleiben aber weiterhin aus". (Jan Michael Marchart, 28.12.2021)