Im Norden Skandinaviens kommen Rentiere in ihren angestammten Regionen immer öfter in Nahrungsnot.
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Nicht nur Zugvögel bekommen die globale Erwärmung zu spüren und verkürzen Flugstrecken, die Aufenthaltsdauer in wärmeren Gebieten oder bleiben gleich über den Winter in der Region, ziehen also gar nicht erst gen Süden. Bei Rentieren in Lappland ist das hingegen der Fall, wie finnische Forscher berichten: Viele legen immer öfter weite Strecken in Richtung Süden zurück.

Was paradox erscheint, hat mit der Nahrungssuche zu tun. Durch die Erwärmung kommt es öfter als einst dazu, dass Schnee früher schmilzt oder Regen auf die Schneedecke fällt. Wenn die Temperaturen wieder fallen, entstehen dadurch harte Eisplatten.

Arktische Erwärmung

Das macht den Tieren zu schaffen, sagt Jouko Kumpala vom finnischen Institut für natürliche Ressourcen gegenüber dem Sender BBC: "Rentiere können kein Eis durchdringen, weil es zu hart ist – und so ziehen sie weg auf der Suche nach Flächen, wo nur Schnee liegt." Eingeschränkt durch die Eisplatten, gelangen sie kaum mehr an die Pflanzen unter der Schneedecke. Manche Rentiere legen Strecken von bis zu einhundert Kilometern zurück, um Nahrung zu finden.

Forschende gehen davon aus, dass sich die Arktis im Zuge des Klimawandels mindestens doppelt so schnell erwärmt wie der Rest der Welt. Das hat auch Folgen für die ansässige indigene Bevölkerung: Die Samen sind auf Rentierhaltung angewiesen. Lappland umfasst den nördlichen Teil von Finnland, aber auch Regionen in Schweden und Norwegen.

Suche per Hubschrauber

Einige der Züchter haben dem Bericht zufolge rund um die Uhr damit zu tun, die entlaufenen Rentiere wieder ausfindig zu machen. "Wir fahren Stunden um Stunden, um unsere Rentiere zu finden und wieder nach Hause zu treiben, aber das ist bei diesen winterlichen Bedingungen ziemlich schwierig. Deshalb benutzen wir auch Helikopter, was ziemlich ungewöhnlich ist – und auch teuer", sagte der schwedische Halter Tomas Seva. Rund 8.000 Tiere aus seiner Herde und einem nahe gelegenen Dorf hätten in den vergangenen Tagen ihre üblichen Gefilde verlassen.

Dem schwedischen Rentierhalter-Verband zufolge sind die Ausflüge der Rentiere deutlich häufiger geworden. Früher habe man solche Winter nur alle 30 Jahre erlebt, sagte Anna-Karin Svensson von dem Verband. "Es scheint, dass diese nun wegen des Klimawandels immer häufiger werden." (APA, red, 29.12.2021)