Die türkis-grüne Regierung startet in ihr drittes Jahr– vom großen Reformdialog über das gesamte Wohnrecht, den sie in Gang setzen wollte, ist aber weiterhin nichts zu sehen.

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Am 1. Jänner 2022 tritt die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes in Kraft. Sie bringt Erleichterungen für Wohnungseigentümer, die barrierefrei umbauen, eine E-Ladestation oder eine Beschattungsvorrichtung installieren wollen, und sie wird die Beschlussfassung in der Eigentümergemeinschaft auf neue Beine stellen: Ein Drittel der Wohnungseigentümer kann künftig gültige Beschlüsse herbeiführen, das soll unter anderem auch die Schaffung von Gemeinschafts-Ladestationen erleichtern. Diese Regelung wird allerdings erst ab 1. Juli 2022 gelten.

Bestellerprinzip? War da nicht was?

Was ist wohnpolitisch im neuen Jahr sonst noch zu erwarten? Zum einen wäre es hoch an der Zeit, dass endlich ein Entwurf für das Bestellerprinzip bei den Maklerprovisionen vorgelegt wird. An diesem wird nun schon seit eineinhalb Jahren herumverhandelt. Im März 2021 sagte ÖVP-Bautensprecher Johann Singer dann im Parlament, ein Antrag der Regierungsfraktionen für das Bestellerprinzip werde "in den nächsten Monaten" eingebracht, und es könnte dann Anfang 2022 in Kraft treten.

Daraus wurde bisher bekanntlich nichts. Dabei gäbe es eigentlich grundsätzlich eine All-Parteien-Einigung im Parlament dafür. Und zwar schon seit Herbst 2019, als der damalige ÖVP-Chef Sebastian Kurz im Nationalratswahlkampf bei dem Thema eine Kehrtwende machte und sich plötzlich auch dafür aussprach. Die SPÖ wollte sie dann gleich noch vor der Nationalratswahl in einer der letzten Plenarsitzungen beschließen, dabei ging die ÖVP jedoch nicht mit. Im türkis-grünen Regierungsprogramm steht das Bestellerprinzip aber drin.

In jenem vor ziemlich genau zwei Jahren vorgestellten Regierungsprogramm, das aus wohnpolitischer Sicht ansonsten nicht allzu ambitioniert ausgefallen ist. Mit Ausnahme der WEG-Novelle, deren Umsetzung sich auch unheimlich lange hinzog, wurde noch nichts umgesetzt.

Kaufoption: Ansparmodell in Arbeit

Immerhin: An einer zusätzlichen Variante der Kaufoption bei Genossenschaftswohnungen – einer Ansparvariante – wird gearbeitet. Ob sie jemals kommen wird, ist aber ungewiss. Ob sie überhaupt gebraucht wird, auch, denn die Kaufoption wurde erst 2019 erleichtert. Sie gilt nun – bei ab August 2019 abgeschlossenen Mietverträgen – bereits nach fünf Jahren ab Bezug der Wohnung.

Eine Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) könnte aber auch aus einem anderen Grund erfolgen: Mehrere Bundesländer erkannten zuletzt eine Gesetzeslücke beim Erwerb von Soforteigentum von einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft oder -genossenschaft und forderten das Wirtschaftsministerium auf, zu handeln.

Brachflächendialog startet

Zuletzt kam auch ins weite Problemfeld Raumordnung ein wenig Dynamik hinein. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) will einen "Brachflächendialog" zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in Gang setzen, um bereits bebaute, aber nicht mehr genutzte Objekte und Liegenschaften wieder einer Nutzung zuzuführen und so Neuwidmungen zu sparen. Grundsätzlich hat die Bundesregierung bei dem Thema aber wenig Handhabe.

Und sonst? Vom großen Reformdialog über das gesamte Wohnrecht, den die Regierung in Gang setzen wollte, ist noch nichts zu sehen, und es ist auch sehr unwahrscheinlich, dass diese Regierung ihn noch schaffen wird – zumal auch höchst fraglich ist, wie lange die Regierung selbst überhaupt noch bestehen wird. Grünen-Bautensprecherin Nina Tomaselli ist zudem nun schon zum zweiten Mal als Fraktionsführerin ihrer Partei mit der parlamentarischen Aufarbeitung der Ära Kurz beschäftigt, was den Spielraum für wohnpolitische Verhandlungen mit ihrem ÖVP-Gegenüber Johann Singer vermutlich nicht ausweiten wird – eher im Gegenteil.

Was zu tun wäre

Zu tun gäbe es jedenfalls einiges; ein kleiner Mietrechtseingriff – wenn man schon keine große Reform schafft – wäre dringend nötig. Denn da ist zum einen die ärgerliche Tatsache, dass das Errichtungsdatum eines Hauses entscheidend ist bei der Frage, ob eine Preisregulierung greift oder nicht. Es ist unter allen Fraktionen im Parlament völlig unumstritten, dass das nur noch absurd ist und dringend abgestellt gehört. Der 20-Jahres-Korridor an freier Miete, den die SPÖ 2014 in ihrem (ziemlich unter Wert geschlagenen) "Universalmietrecht" vorschlug, bevor ein Preisdeckel kommen sollte, war selbst für manche Mieterschützer zu kurz. Aber ein Zeitraum von beispielsweise 30 oder 40 Jahren, der sich nicht ständig vergrößert, wäre schon ein Fortschritt.

Generell müsste man aber natürlich endlich darüber diskutieren, ob nicht die energetische Qualität eines Gebäudes das Hauptkriterium für die Mietenberechnung sein müsste. Die Vorschläge liegen längst am Tisch. Dazu gehört auch der für Mieterorganisationen untragbare Zustand, dass die CO2-Bepreisung von fossilen Heizsystemen derzeit ausschließlich an den Mietern hängenbleibt. Der "Klimabonus" der Regierung soll das zwar abfedern – aber ein Anreiz für Hausbesitzer, das Heizsystem umzustellen, entsteht so nicht.

Befristungen eindämmen

Ebenso gibt es gute Vorschläge, wie die Befristungen wieder eingedämmt werden könnten. Befristete Mietverträge nehmen überhand, weil es in Neubauten keinen Befristungsabschlag gibt und eine Befristung für Vermieter deshalb nur Vorteile und keine Nachteile mit sich bringt. Viele Mieterinnen und Mieter leben dann aber in der ständigen Ungewissheit, ob ihr Mietvertrag verlängert wird und zu welchen Konditionen.

Um zumindest einigen von ihnen das Leben zu erleichtern und gleichzeitig auch die Eigentümer von einer oder zwei Vorsorgewohnungen nicht über Gebühr zu verunsichern, wäre eine differenzierte Behandlung unterschiedlicher Vermieter sinnvoll: "Kleine" private Vermieter mit wenigen Wohnungen sollen weiterhin befristet vermieten dürfen, große institutionelle oder private mit vielen Wohneinheiten aber nicht mehr. Ein entsprechender Vorschlag liegt als Entschließungsantrag der SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher im Parlament.

Richtwerte neu berechnen

Und eine Frage, die sich schon in den nächsten Wochen ganz akut stellen wird, ist: Sollen die Altbaumieten im April um sechs Prozent steigen dürfen oder nicht?

2021 wurde die Anhebung der Miet-Richtwerte für die Bundesländer (die unter anderem die Basis für die Altbaumieten sind) ausgesetzt, im kommenden April werden sie deshalb wohl um sechs Prozent angehoben werden. 2023 steht dann schon wieder die nächste Anhebung auf dem Programm, da wird es dann wieder um mindestens drei Prozent nach oben gehen, wenn die Inflation nicht nachlässt. Weil auch die Energiekosten gerade explodieren, ist fraglich, ob das mitten in der Pandemie eine gute Idee ist.

Stattdessen könnte man die Richtwerte endlich neu berechnen. Sie wurden nämlich Anfang der 1990er-Jahre in den einzelnen Bundesländern auf ziemlich krass unterschiedliche Arten kalkuliert (Details dazu stehen in dieser Geschichte), was zur Folge hatte, dass die Höhen heute so stark divergieren, wie sie es nun einmal tun: Die Spanne reicht von 5,30 Euro im Burgenland bis 8,92 Euro in Vorarlberg.

Regelmäßige Neuberechnungen hätten stattfinden sollen, das dafür vorgesehene Gremium wurde aber 2006 unter Schwarz-Blau I abgeschafft. Will man sich nicht endlich an ein ganz neues Mietrecht wagen, wäre eine Neuberechnung überfällig – und sie könnte auch helfen, das Gwirks mit dem Lagezuschlag in Wien zu beenden. (Martin Putschögl, 30.12.2021)