Laufen kann dabei helfen, hohen Blutdruck dauerhaft zu senken – sofern man es regelmäßig betreibt.

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Regelmäßige Bewegung hat einen positiven Einfluss auf den Blutdruck – das ist schon länger aus zahlreichen Studien bekannt. Radfahren, Walking, Schwimmen oder Liegestütze stehen daher bei vielen, die unter hohem Blutdruck leiden, mehr oder weniger häufig auf dem Tagesplan. Denn ein ständig zu hoher Blutdruck schadet vor allem den Blutgefäßen des Herz-Kreislauf-Systems. Schätzungen führen mittlerweile etwa jeden vierten Herzinfarkt auf diese Ursache zurück.

Ein ungesunder Lebensstil mit Übergewicht, falscher Ernährung, zu wenig Bewegung, viel Stress oder Rauchen lassen den Blutdruck über die Jahre steigen. Hinzu kommt eine mögliche genetische Veranlagung, und etwa ab dem 50. Lebensjahr kommt auch das Alter als Risikofaktor hinzu. Zwar lässt sich das Problem durch einen gesünderen Lebensstil und die Einnahme von Medikamenten mildern. Doch falsche Ernährung, viel Stress oder Rauchen sind nicht so einfach zu korrigieren, Medikamente haben unerwünschte Nebenwirkungen.

Dass sich ein zu hoher Blutdruck durch regelmäßige Bewegung gut senken lässt, ist zwar durch Studien belegt. Henner Hanssen vom Department für Sport, Bewegung und Gesundheit der Universität Basel hat nun aber erstmals zusammen mit Fachexperten der Europäischen Gesellschaft für Präventive Kardiologie auf der Basis von Metastudien analysiert, welche Trainingsform bei welchem Blutdruck den größten Effekt bringt. Das ermöglicht dem Patienten ein für seinen Blutdruck individuell angepasstes Training. "Diese systematische Übersicht zur Studienlage ist die erste Untersuchung dieser Art weltweit", sagt Studienleiter Henner Hanssen.

Gesunde Mäßigung

So reduzierte in den Studien bei hohem Blutdruck (≥ 140 mmHg systolisch und ≥ 90 mmHg diastolisch) ein klassisches Ausdauertraining mit Walking, zügigem Gehen, Radfahren oder Schwimmen den Blutdruck im Schnitt um 7,4 mmHg systolisch bzw. um 4,5 mmHg diastolisch. "Das ist aber nur ein Mittelwert, manche schaffen auch eine Reduktion deutlich über 10 mmHg", so Hanssen. Außerdem zeigte sich in den Studien eine Abhängigkeit von Dosis und Wirkung: Je mehr moderat intensiv trainiert wird, umso stärker fällt die Reduktion aus.

Bei hoch-normalem Blutdruck (130–140 mmHg bzw. 85–90 mmHg) dagegen sorgt dynamisches Krafttraining für die beste Reduktion. Dynamisch bedeutet hierbei, dass das Training gegen einen Widerstand absolviert wird und sich der Muskel dabei kontrahiert. Dies kann zum Beispiel Gewichtheben sein, aber es reicht auch das eigene Körpergewicht als Gegenpart, wie zum Beispiel beim Treppensteigen, bei Kniebeugen oder bei Push-ups. Das brachte in den Studien eine Reduktion um 4 mmHg bzw. 3,4 mmHg.

Bei Personen, die noch einen normalen Blutdruck haben, aber durch Adipositas oder familiäre Vorbelastung ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck mitbringen, scheint isometrisches Krafttraining optimal. Hierbei handelt es sich um Halteübungen wie beispielsweise Brückebauen, seitliche Liegestütze oder auch, wenn die allgemeine körperliche Beweglichkeit eingeschränkt ist, Übungen mit einem Handkrafttrainer. Bei diesen Übungen wird der Muskel zwar belastet, spannt sich jedoch nur an und kontrahiert sich nicht. Dies brachte in den Studien eine Senkung um 7,2 mmHg bzw. 2,6 mmHg.

Nur dauerhaftes Training hilft

"Im Prinzip bringen diese Übungen fast allen Patienten einen Benefit", sagt Hanssen. Allerdings lässt sich eine stabile Reduktion des Blutdrucks frühestens nach etwa vier bis acht Wochen nachweisen. Für das Ergebnis ist es zudem entscheidend, wie gut der Patient mitmacht. Fährt er seine Anstrengungen wieder zurück, steigt auch der Blutdruck wieder, ganz analog zu nicht eingenommenen Bluthochdruckmedikamenten. "Das regelmäßige Training muss also zum neuen Lebensstil werden, lebenslang."

Die Studienergebnisse beziehen sich dabei allesamt auf ein moderat intensives Training von 15 Minuten pro Tag oder fünfmal 30 Minuten in der Woche. Moderat intensiv bedeutet dabei, beim Training leicht ins Schwitzen zu kommen, sich dabei noch gut unterhalten zu können oder bis etwa 70 Prozent des maximalen Pulses zu erreichen. Wie sich ein hochintensives Intervalltraining auf Blutdruck und Gefäße im Vergleich zum moderat intensiven Training auswirkt, wollen Hanssen und sein Mitarbeiter Lukas Streese in der HyperVASC-Studie herausfinden. "Möglicherweise erkennen wir hier ein Potenzial, um den Blutdruck noch stärker zu senken."

Hilfe ohne Nebenwirkungen

Nebenwirkungen seien vom Training, im Gegensatz zur medikamentösen Therapie, eher nicht zu erwarten. "Allenfalls wenn man übermotiviert ist und Trainingsintensität und Volumen zu früh steigert. Dann leiden irgendwann Knochen, Gelenke und Sehnen", so Hanssen. Damit Patienten es richtig angehen und auch konsequent dranbleiben, wäre es wünschenswert, wenn sie daher vor einer Bewegungstherapie in Eigenregie ärztlich untersucht würden und den Blutdruck bestimmen ließen sowie vierteljährlich zur Besprechung von Schwierigkeiten bei der Trainingsumsetzung begleitet würden.

Warum nun manche Trainingsformen effektiver den Blutdruck senken als andere, weiß auch Hanssen nicht genau. "Generell ist es so, dass der Körper auf akute sportliche Belastung und Anstrengung mit einer Steigerung des Blutdrucks reagiert", sagt der Basler Sportmediziner. Durch das Training erhält der Körper dann in Ruhe einen Anreiz, den Blutdruck im Tagesverlauf niedriger zu halten. Hanssen rät daher, auch im Alltag Treppen zu steigen, statt Fahrstuhl zu fahren, besser den Bus zu nehmen statt das Auto und eine Station früher auszusteigen und zur Arbeit zu laufen. "Das senkt nicht nur den Blutdruck, sondern verbessert auch die Gesundheit der Gefäße." Und natürlich ist ein niedrigerer Blutdruck nicht der einzige Benefit der regelmäßigen Bewegung. "Training hat nachgewiesenermaßen auch einen positiven Einfluss auf die allgemeine Fitness sowie die Fett- und Zuckerwerte und hat auch soziale Aspekte." (Andreas Grote, 2.1.2022)