Dieses Matschkern über die Corona-Politik unserer Regierung ist auch schon ein bisserl fad. Aber am Ende des zweiten Corona-Jahres ist doch einiges etwas ärgerlich:

1) Es gibt seit dem Frühjahr genügend Impfstoff. Die "Durchimpfungsrate" ist unbefriedigend, vor allem angesichts der Omikron-Welle. Jetzt kommt man drauf, dass eine Impfkampagne gezielter sein und mehr auf soziopsychologische Gegebenheiten Rücksicht nehmen muss. Eine Untersuchung hat ergeben, dass vor allem Gebildetere und Menschen in Beschäftigung zu den Impffreudigen gehören. Bei den Zuwanderern ist es erstaunlich differenziert nach Herkunftsländern.

2) Seit Beginn der Pandemie ist es offenkundig, dass das einzig verlässliche Testen – PCR-Tests – praktisch nur in Wien (und teilweise im Burgenland) funktioniert. Die anderen Bundesländer haben es schlicht und einfach verabsäumt, eine ordentliche Testinfrastruktur aufzubauen. Jetzt verkündet die neu gegründete Gecko (Gesamtstaatliche Covid-Krisen-Organisation), dass "Untergruppen" zur Behandlung des Themas "Testen" eingesetzt werden.

An der Corona-Politik unserer Regierung ist einiges ärgerlich.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

3) Ein wesentlicher Punkt beim Impfen, aber auch beim Testen ist es, wichtige Institutionen wie die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer und die Sozialversicherungsträger in die Logistik und in die Motivation einzubinden. Deren Vertreter saßen jetzt erstmals am Montag in der Gecko-Sitzung dabei. Mit Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern muss man aushandeln, inwieweit die Befolgung der Impfpflicht ab Februar Auswirkungen am Arbeitsplatz haben kann. Die Sozialversicherungen hätten überhaupt von Anfang an das Know-how und die Logistik gehabt, jedem Einzelnen einen bestimmten Impftermin anzubieten. Die Erfahrung (zum Beispiel die von Spanien und Portugal) lehrt, dass das wirkt. Insbesondere Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz wollte aber die Sozialversicherungen nicht einbinden.

4) Es gibt jetzt immer noch keine psychologische Strategie, um zumindest Teile der Impfverweigerer doch noch zu erreichen. Der Politologe Peter Filzmaier, der meist recht hat, gibt der bisherigen Überzeugungsarbeit der Regierung ein schlechtes Zeugnis: Angstmachen ("Jeder wird jemand kennen …") wirke schlechter als sachliche Information, konsistente Aussagen von möglichst nicht allzu sehr wechselnden Personen wären notwendig.

5) Man muss sich aber auch darüber im Klaren sein, dass eine bestimmte, einstellige Prozentzahl von absoluten Verweigerern nicht erreichbar ist. Zu diesen sagt die bekannte Gerichtspsychiaterin Heidi Kastner, die ein Buch über Dummheit geschrieben hat: "Da muss man mit klugen staatlichen Direktiven festlegen, was der erlaubte Rahmen ihres Verhaltens ist. Wenn man sich nicht an diese hält, muss man die Sanktionen in Kauf nehmen, die ein demokratisches System für Menschen vorsieht, die sich nicht an die Regeln der Gemeinschaft halten. Mit ihrer Position haben sie eben Pech. Man kann ja auch nicht einfach jemanden umbringen und verlangen, dass das respektiert werden muss." Auch diese klugen staatlichen Direktiven gibt es bis jetzt noch nicht. (Hans Rauscher, 28.12.2021)