Der FPÖ-Chef wischt Kritik von allen Seiten an seinen auch von Parteifreunden kritisierten Aussagen zur Corona-Behandlung beiseite.

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Wien – Am Dienstagabend war FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl zu Gast in der "ZiB 2". Zu sehen war ein Gespräch, das hielt, was es versprach. Martin Thür beginnt mit Fragen zu ehemaligen Forderungen der FPÖ zu diversen Impfpflichten, einer "Maßnahme, die er (Kickl, Anm.) heute als diktatorisch bezeichnet".

Kickl geht direkt in die Offensive: "Sie hauen Kraut und Rüben durcheinander, aber alles andere hätte mich überrascht. Es ging damals um ganz andere Impfungen, die sind nicht vergleichbar." Es gehe um die Frage, ob der Impfstoff sterile Immunität garantiere. Das tue der aktuelle nicht, erklärt Kickl, die Wirkung nehme monatlich ab. Die Impfung sei nicht gut genug, um uns aus der Pandemie zu führen – was er gebetsmühlenartig wiederholt.

"Es geht außerdem um eine Krankheit, die nur einen kleinen Teil der Bevölkerung hart trifft, an den meisten ginge sie kaum bemerkbar vorbei", sagt der blaue Parteichef. Kickl und Thür fallen sich gegenseitig ins Wort – eine Konstante des Gesprächs.

Kickl will Ivermectin

Entgegen aller wissenschaftlichen Evidenz plädiert Kickl einmal mehr für den Einsatz des Entwurmungsmittels Ivermectin bei Covid-19-Infektionen. Man solle eine Studie dazu machen – ungeachtet der Erkenntnis, dass dieses Mittel für die Behandlung einer Corona-Erkrankung nicht geeignet ist; selbst der Hersteller rät davon ab.

Kickls "ZiB2"-Auftritt.
ORF

Auf den Einwand von Moderator Martin Thür, dass sämtliche Virologen und Experten Kickls Meinung nicht teilen und dass eine Wirkung von Ivermectin gegen Covid-19 nicht nachgewiesen werden konnte, schlägt der FPÖ-Chef vor, doch eine Studie in Österreich zu machen. Derartige Studien würden bisher nicht gemacht, weil die Pharmaindustrie kein Interesse daran habe, behauptet er. Denn Ivermectin sei ein "sehr billiges Mittel", und dessen Einsatz bei Covid-19 würde den Geschäftsinteressen der Medikamentenhersteller entgegenstehen, so seine These.

Parteigrößen gegen Kickl

Dass sich auch Parteikollegen Kickls, darunter etwa das blaue "Urgestein" Andreas Mölzer, gegen die aktuelle Linie der Parteispitze ausgesprochen hatten, ficht Kickl nicht an. Zur Aussage der ehemaligen blauen Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, die Kickls Empfehlung zu Ivermectin als "letztklassig und indiskutabel" bezeichnet und erklärt hatte, dass dies keiner medizinischen Evidenz entspreche, sagt Kickl: "Da liegt sie falsch. Sie ist auch keine Virologin, und sie ist offensichtlich auch nicht umfassend informiert."

Dem Vorhalt Thürs, dass erwiesen sei, dass Ivermectin für die Behandlung von Corona-Erkrankungen ungeeignet ist, wischt Kickl vom Tisch. Der ORF solle doch "jeden Abend" Ärzte in die "ZiB 2" einladen, "die in der Praxis am Patienten entweder in ihrer Ordination oder aber in Spitälern – und das Ganze auch mit klinischen Studien belegt – Ivermectin auch zum Einsatz gebracht haben. Die würden Ihnen erklären, dass es wirkt", meinte der blaue Parteiobmann.

Aktueller Wissensstand

Nach aktuellem Wissensstand wird von einem Einsatz von Ivermectin bei Corona-Erkrankungen definitiv abgeraten. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (Basg) hatte bereits im März vor einem solchen Einsatz gewarnt, auch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) riet davon außerhalb klinischer Studien ab.

In der EU sind Ivermectin-Arzneimittel nicht zur Behandlung von Covid-19 zugelassen. Ivermectin-Tabletten sind beim Menschen zur Behandlung von Skabies (Krätzmilbe), parasitären Wurmbefällen mit Strongyloidiasis (Zwergfadenwürmern) sowie tropischen Fadenwürmern und als Hautpräparate zur Behandlung von Kupferakne zugelassen.

Randthema Demo

Angesprochen auf die Demonstrationen und Menschen, die mit Judensternen auf die Straße gehen, sagt Kickl: "Wenn auf der Demo Menschen mit der israelischen Flagge herumgehen, dann verherrlichen sie nicht den Nationalsozialismus, sondern bringen die Kritik an der Sündenbock-Politik zum Ausdruck." Außerdem fände er es unverständlich, warum Menschen, die für ihre Grundrechte einstehen, als Rechtsextreme bezeichnet werden. (and, APA, 28.12.2021)