Die Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, warnt vor extrem raschen Entwicklungen durch die Omikron-Mutation.

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Wien – Die Mitglieder der Gecko-Kommission mahnen zu Vorsicht rund um den Jahreswechsel. "Wir müssen Zeit gewinnen und uns jetzt an die Maßnahmen halten. Lassen Sie sich testen, feiern Sie im kleinen Kreis", sagte die Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, in einem Statement gegenüber der APA. Auch Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres hält größere Feiern für gefährlich, und Generalmajor Rudolf Striedinger rät von Versammlungen wie Demonstrationen ab.

Reich, die gemeinsam mit Striedinger die Gecko-Kommission leitet, sagte im schriftlichen Statement, Silvester werde mit großer Wahrscheinlichkeit auch "markanter Wendepunkt" in der Infektionskurve sein. "Wir lernen Omikron gerade erst kennen, wissen aber bereits, dass die Gefahren groß sind. Klar ist, dass wir mit einer neuen Dynamik der Pandemie rechnen müssen. Extrem rasche Entwicklungen sind zu erwarten."

Große Veranstaltungen nicht ratsam

Striedinger warnte – wohl mit Blick auf die von Maßnahmengegnern bereits angekündigten Demonstrationen rund um den Jahreswechsel – vor großen Zusammenkünften, auch wenn diese durch das Demonstrationsrecht gedeckt sind: "Gecko ist angetreten, um die Politik wissenschaftlich fundiert zu beraten sowie um militärische Expertise in die operative Umsetzung einzubringen. Die aktuellen globalen Entwicklungen von Omikron zeigen uns deutlich, dass es aus virologischer und medizinischer Sicht nicht ratsam ist, an großen Versammlungen wie Demonstrationen teilzunehmen. Wenn notwendig, dann mit Maske und ausreichend Abstand."

Zuvor hatte bereits Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im APA-Interview von Demonstrationen zu Silvester abgeraten: "Nicht alles, was erlaubt ist, ist auch vernünftig zu tun." Es sei nicht vernünftig, das Versammlungsrecht "zu unterwandern oder gar zu missbrauchen und sich dann einer neuerlichen Gefahr einer Infektionswelle auszusetzen".

Szekeres: Omikron-Welle wird kommen

Ärztekammerpräsident Szekeres appellierte an die Bevölkerung, die Maßnahmen einzuhalten: "Die frühzeitige Sperrstunde um 22 Uhr ist ein wichtiges Signal, um klarzumachen, dass groß angelegte Feiern zum heurigen Jahreswechsel gefährlich sind und gravierende Auswirkungen aufs Infektionsgeschehen haben können. Die Omikron-Welle wird kommen, es liegt aber an uns allen, wie schnell und wie groß sie wird. Wenn wir jetzt vorsichtig sind, dann können wir gemeinsam das Risiko eines weiteren Lockdowns reduzieren."

Regierung verteidigt vorverlegte Sperrstunde

Ursprünglich wollte die Bundesregierung zunächst auch Silvesterpartys in Lokalen erlauben und dafür die Corona-Sperrstunde aufheben. Dann wurde aber zurückgerudert, die Sperrstunde in der Gastronomie ab 27. Dezember auf 22 Uhr vorverlegt. Die Kehrtwende argumentierte Nehammer mit den Warnungen der Experten vor Omikron. Darauf verwiesen am Mittwoch auch das Gesundheits- und Tourismusministerium sowie Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) im Ö1-"Mittagsjournal". Die Bundesregierung stellte klar, dass es bei der vorverlegten Sperrstunde zu Silvester bleibe.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigte zudem Schwerpunktkontrollen der Polizei zum Jahreswechsel an und meinte: "Ich appelliere an alle, feiern Sie Silvester, aber feiern Sie im kleinen Kreis mit Freunden oder Familie."

Platter ärgert sich über Sperrstunden-"Horuck-Aktion"

In Tirol gibt nach wie vor massiven Unmut über die vorverlegte Sperrstunde. Es ärgere ihn nach wie vor, "dass die Sperrstunde in einer Horuck-Aktion und ohne Zustimmung der Bundesländer vorverlegt wurde", kritisierte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in der "Tiroler Tageszeitung".

"Solche überfallartigen Entscheidungen führen nur zu weiteren Verunsicherungen und werden uns im Kampf gegen die Pandemie und Omikron nicht weiterbringen", zeigte Platter Verständnis für den Unmut vielerorts. Einmal mehr argumentierte der Landeshauptmann damit, dass durch die Vorverlegung der Sperrstunde die Menschen in den unkontrollierten, privaten Bereich getrieben würden, wo die Ansteckungsgefahr um vieles höher sei als im kontrollierten und mit Auflagen versehenen öffentlichen Bereich. Der Druck auf die Tiroler Landesspitze dürfte zuletzt gestiegen sein. 15 namhafte Touristiker sollen Platter zum Handeln aufgefordert haben.

Platters Koalitionspartner kritisierte indes die schwarzen Touristiker und Kammerfunktionäre. Der grüne Tourismussprecher in Tirol, Georg Kaltschmid, sprach von einem "Dauerlobbyismus-Feuer". Dieses würde ausgehen vom Tourismusobmann in der Tiroler Wirtschaftskammer, Mario Gerber, vom ÖVP-Tourismussprecher Franz Hörl und von Tirols Wirtschaftskammerchef Christoph Walser: "Ihr Ego ist groß, ihr Verantwortungsbewusstsein klein." Die, die derzeit "Chaos" schreien würden, seien genau diejenigen, die "zwei Tage vor Silvester das komplette Wirrwarr mit der Forderung nach der Aufhebung der Sperrstunde lostreten wollen. Das ist verantwortungslos und peinlich", so Kaltschmid.

Doch Omikron-Nachweis im "Kitzloch"

Unterdessen stellte sich heraus, dass hinter dem am Montag bekannt gewordenen Ischgler "Kitzloch"-Fall doch die Omikron-Variante steckt. Die entsprechende Bestätigung haben nunmehr aktuelle Nachmeldungen des auswertenden Labors gebracht, teilte das Land am Mittwoch mit. In dem während der ersten Phase der Pandemie in die internationalen Schlagzeilen geratenen Lokal war ein Servicemitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden. Am Dienstag war bekanntgegeben worden, dass die Auswertung der Probe keinen Hinweis auf Omikron ergeben habe. (APA, red, 29.12.2021)