An oder aus? Ein Transistor (eine Wortschöpfung aus "Transfer Resistor"), wie er mittlerweile zu dutzenden Milliarden in Computer- und Grafikprozessoren zu finden ist, ist eigentlich eine simple Angelegenheit und zugleich eine Grundlage moderner Mikroelektronik. Die blitzschnellen Schaltungen zwischen ihnen ermöglichen die Durchführung logischer Operationen mithilfe von Einsen und Nullen, die für ihren Schaltzustand stehen.

Je mehr Transistoren man auf einem Chip unterbringen kann, desto leistungsfähiger ist er. Um die Performance zu steigern, ohne den Energieverbrauch zu vervielfachen und Prozessoren in der Fläche immer weiter wachsen zu lassen, wurden immer bessere Fertigungsverfahren entwickelt. Angekommen ist man mittlerweile im einstelligen Nanometerbereich.

Germanium-Draht und Zusatzelektrode

An der Technischen Universität Wien hat man dem herkömmlichen Transistor vor kurzem ein Upgrade spendiert. Eine Steuerelektrode macht aus ihm einen "intelligenten" Transistor. Die Forscher sprechen gar von einer "revolutionären" Entwicklung.

Statt wie sonst üblich mit Silizium wurde er auf Basis von Germanium entwickelt. Man manipuliert die Art und Weise, wie Ladung innerhalb des Transistors transportiert wird. Dort befinden sich entweder negativ geladene Teilchen (Elektronen) oder positiv geladene Atome, denen ein solches Elektron also fehlt. Die positiven Ladungen bezeichnen die Forscher als bewegliche "Löcher".

Die Gate-Elektrode (rot) und die mit dem Germanium-Draht verbundene, neue Steuerelektrode (blau).
Foto: TU Wien

Bei ihrem Transistor werden zwei Elektroden mit einem sehr dünnen Germanium-Draht verbunden, der auf "spezielle, extrem saubere Weise" auf beiden Seiten mit Metall verbunden ist. Darauf sitzt eine Gate-Elektrode, wie man sie auch in konventionellen Transistoren findet, wo ihr Schaltzustand über Null oder Eins entscheidet.

Hier kommt nun aber eine zusätzliche Steuerelektrode ins Spiel, die an der Schnittstelle von Germanium-Draht und Metall sitzt. Sie ermöglicht eine separate Kontrolle von Elektronen und "Löchern". Wenn an den Draht Spannung angelegt wird, lässt sich mit der zusätzlichen Elektrode programmieren, ab welcher Schwelle der Stromfluss wieder abnimmt.

Weniger Transistoren für Logikoperationen

Das erlaubt den Wechsel von Logikoperationen innerhalb einer Schaltungsgruppe von Transistoren (Gate), etwa von einer "Nicht-und"-Operation (NAND) in eine "Nicht-oder"-Operation (NOR), ohne dafür zusätzliche Transistoren beanspruchen zu müssen. Eine arithmetische Operation, für die bislang 160 Transistoren genutzt werden mussten, ist so mit 24 Transistoren möglich, was eine Reduktion von 85 Prozent bedeutet. Das soll auch die Durchführung von Rechenoperationen beschleunigen und die Energieeffizienz von Schaltungen erhöhen.

Federführend geleitet wird das Forschungsprojekt vom Germanium-Experten Masiar Sistani und Walter Weber. Dass das Konzept praktisch funktioniere, habe man nun bewiesen, zitiert die TU Wien Sistani in einem Artikel, was ein "entscheidender Durchbruch" sei. Nun stehen Optimierungsarbeiten an.

Walter Weber, Masiar Sistani und Raphael Böckle (von links nach rechts).
Foto: TU Wien

Ergänzung für Computerchips

Ähnlich wie menschliche Nervenzellen ihre Verschaltungen dynamisch verändern, ermöglicht der intelligente Transistor nun Schaltungen, die über mehr mögliche Zustände verfügen als Nullen und Einsen. Gerade für den Einsatz im Feld der künstlichen Intelligenz sieht man großes Potenzial für die Technologie. Einen schnellen industriellen Einsatz hält man für "realistisch", denn Germanium findet heute bei Halbleitern schon Verwendung. Zudem lasse sich das Material hier ohne Anreicherung in seiner Reinform nutzen.

Den klassischen Transistor möchte man mit der eigenen Entwicklung allerdings nicht ablösen, sagt Sistani. "Das wäre vermessen." Man sieht sie allerdings als Zusatz in künftigen Computerchips, zumal die adaptiven Transistoren für verschiedene Anwendungen eine energieeffizientere Lösung sind. Ihre bisherigen Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler im renommierten Journal "ACS Nano" veröffentlicht. (gpi, 29.12.2021)