Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer (li.) und Dirigent Daniel Barenboim bei der Pressekonferenz zum Neujahrskonzert. Barenboim dirigiert nach 2009 und 2014 das Neujahrskonzert zum dritten Mal.

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Der regelmäßige Kreisverkehr der Erde um die Sonne ist, genau betrachtet, von elliptischer Form. Wird die irdische Bahnkurve parifiziert und in ein kalendarisches System umgelegt, wiederholen sich gewisse Dinge nach einer immer gleichen Frist. Der Jahreswechsel bringt es mit sich, dass sich Vorkommnisse elliptischer Art häufen.

Am Silvesterabend zieht Butler James unregelmäßige Bahnen um die Tafel von Miss Sophie, im Klassiker Dinner for One. Die Wiener Philharmoniker wiederum grüßen neujährlich aus dem Musikverein, und bei den Walzern eiern die zweiten Geigen auf unnachahmlich elegante Weise und frönen so einem elliptisch-torkelnden Fortgang der Dinge.

Die Zusammenstellung eines Programms für das Neujahrskonzert gleicht wiederum der Quadratur einer Ellipse: Man muss das Neue mit dem Immergleichen einen. Sechs hier noch nie gespielte Werke erklingen beim diesjährigen Neujahrskonzert, dessen Programm Dirigent Daniel Barenboim in Themenfelder eingeteilt haben wollte. Neben Mythologie, Märchen, Orient und der Nachtschwärmerei kommt dabei überraschend auch die Presse zu klingenden Ehren (Morgenblätter-Walzer von Johann Strauss Sohn und die Polka schnell Kleine Chronik von Eduard Strauss).

Keine leichte Aufgabe

Es sei nicht leicht, ein langes Programm quasi mit Zugaben-Stücken zusammenzustellen, erklärte der Neunundsiebzigjährige Mittwochmittag auf der Pressekonferenz im Hotel Imperial.

In Erwartung seines dritten Neujahrskonzertes (nach 2009 und 2014) schwärmte der Routinier von der Natürlichkeit, der Selbstverständlichkeit und der spontanen Kreativität, mit der die Wiener Philharmoniker dieses Repertoire interpretierten: als ob sie die Werke im Augenblick komponieren würden. Nach einer Botschaft an die Welt befragt, betonte der gebürtige Argentinier die Wichtigkeit der Musik in der Erziehung, würden hier doch Verstand und Gefühl in gleicher Weise gefördert.

"Fast geweint" hätte Daniel Froschauer bei der Probe am Mittwochvormittag. Der Philharmoniker-Vorstand betonte die Verbundenheit des Orchesters mit Barenboim und lobte die Disziplin seiner Vereinsmitglieder, die bei den Proben Masken getragen und täglich PCR-Tests absolviert haben. Bezüglich der Programmkonzeption, die sich über ein Jahr erstreckt hat, verriet Froschauer, dass hier auch die Spanische Hofreitschule mit in die Auswahl eingebunden wurde. Der Oberbereiter entschied sich für die Nymphen-Polka als Musik für den Auftritt der weißen Pferde.

Humanoide Tanzkünstler in Schönbrunn

Humanoide Tanzkünstler sollen beim zweiten Einspieler alle Augen weiden: Das Wiener Staatsballett wird Schloss Schönbrunn samt Park und Gloriette in Kostümen von Arthur Arbesser betanzen, will doch im kommenden Jahr das Unesco-Weltkulturerbe gefeiert werden. Diesbezüglich gibt es in Österreich ja einiges zu bewundern – der vom ORF gestaltete Pausenfilm wird diese Sehenswürdigkeiten präsentieren.

Das Konzert wird am Samstag in 92 Länder dieser Welt übertragen. Unser Heimatplanet wird danach in aller Ruhe auf seiner Ellipsenbahn entschweben, um in einem Jahr wieder an gleicher Stelle anzukommen. Dann ist wieder Neujahrskonzert. (Stefan Ender, 29.12.2021)