Von der Industrieproduktion bis zum Handelskonzern haben Österreichs Großunternehmen die Corona-Hürden bisher gut gemeistert.

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Das Jahr zwei der Pandemie neigt sich dem Ende zu. Die viel befürchtete Pleitewelle ist vorerst ausgeblieben. Doch wie stehen Österreichs Unternehmen nach all den Krisenmonaten, Lieferengpässen und Lockdowns da?

"Erstaunlich gut", sagt Markus Oberrauter, Betriebswirt der AK Wien. Um diese Aussage zu untermauern, hat sich die Arbeiterkammer Wien 800 Jahresabschlüsse von großen operativen Kapitalgesellschaften vom Krisenjahr 2020 angesehen und diese im aktuellen Unternehmensradar zusammengefasst. Die untersuchten 800 Unternehmen beschäftigen rund 608.000 Mitarbeiter – das sind knapp ein Sechstel aller Erwerbstätigen. Sie haben 2020 im In- und Ausland gemeinsam einen Umsatz von 228 Milliarden Euro erwirtschaftet und konnten trotz Corona den Gewinn in Summe um 2,8 Prozent auf 12,6 Milliarden Euro steigern.

Gewinnmargen stabil

Die wirtschaftliche Performance der großen Unternehmen konnte sich also im Jahr eins der Pandemie sehen lassen. Die Gewinnmargen der österreichischen Großunternehmen haben sich zwar im Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr davor etwas reduziert – doch im Schnitt ergeben sich 4,2 Prozent Gewinn allein aus dem Kerngeschäft.

Vier Fünftel der Unternehmen konnten ein positives operatives Ergebnis erwirtschaften. Viele Branchen waren zwar mit einem Rückgang beim operativen Ergebnis konfrontiert, doch in der Energie- und Wasserwirtschaft etwa kam es zu einem deutlichen Anstieg der Ebit-Quote auf 9,3 Prozent.

Die Auswertung der Bilanzdaten zeigt bereits über einen längeren Zeitraum hinweg, dass die großen Unternehmen über eine gesunde, straffe Finanzierungsstruktur verfügen. Sogar im Corona-Jahr 2020 konnten die Unternehmen ihr Eigenkapitalfundament weiter ausbauen. Die im Unternehmensradar untersuchten 382 Kapitalgesellschaften weisen im Schnitt Eigenkapitalquoten von 40,3 Prozent aus.

Drei Viertel der Unternehmen verfügen über eine Eigenkapitaldecke von mehr als 23 Prozent. Nur 5,4 Prozent der Betriebe (2019: 4,3 Prozent) liegen unter der im Unternehmensreorganisationsgesetz (URG) definierten kritischen Marke von acht Prozent. Diese Unternehmen verfügen also über zu geringe Reserven, um auftretende Verluste abfedern zu können. Sieben der 800 Unternehmen waren zum Zeitpunkt der Erhebung buchmäßig überschuldet.

Für das verbesserte Eigenkapitalfundament waren freilich auch die geringeren Ausschüttungszahlungen im Jahr 2020 ausschlaggebend – und die Corona-Unterstützungsmaßnahmen von Bund und Ländern sowie die Kurzarbeit. Auch die Zahlungsfähigkeit erweist sich laut Arbeiterkammer-Analyse als robust. Nur rund vier Prozent der Kapitalanlagegesellschaften lagen 2020 unter der 50-Prozent-Schwelle und verfügten damit über eine deutlich zu geringe Ausstattung an liquiden Mitteln.

Überförderung prüfen

Klar sei laut Oberrauter, dass die guten Ergebnisse auch aufgrund einer teilweisen Überförderung durch Bund und Länder zustande gekommen seien. "Hier muss man jetzt halt genau nachprüfen", so der Experte für Betriebswirtschaft.

Trotz der guten finanziellen Lage waren die Unternehmen im Vorjahr weniger investitionsfreudig. Das lässt sich freilich mit der allgemeinen Verunsicherung erklären, die Corona mit sich gebracht hat. Vor allem im Vorjahr waren viele Maßnahmen neu und haben für eine größere Verunsicherung gesorgt, als sie es teils heute noch tun.

Auch die Unternehmenswelt hat gelernt, mit Corona zu leben. Das zeigt sich etwa daran, dass bei den Beschlüssen zur Gewinnverwendung von 2019 im Frühjahr 2020 pandemiebedingt große Vorsicht gewaltet hat. Bei den Haupt- und Gesellschaftsversammlungen 2021 kam es aber wieder zur Rückkehr in gewohnte Muster – die Ausschüttungsquoten sind wieder gestiegen.

Hohe Ausschüttungsquote

Bei den Gewinnen des Bilanzjahres 2020 wird mit einer Ausschüttungsquote von 82,5 Prozent das Niveau der Vorjahre sogar übertroffen. "Es werden mehr als vier Fünftel der erwirtschafteten Gewinne an die Eigentümer abgeführt", sagt Oberrauter. Stelle man die Ausschüttungen in Relation zur Bruttolohn- und Gehaltssumme, zeige sich die Schieflage in der betrieblichen Verteilungspraxis. Diese liegt bei hohen 40,1 Prozent – heißt, die Eigentümer bekommen zwei Fünftel gemessen an der Lohn- und Gehaltssumme aller 608.000 Mitarbeiter in diesen Firmen an Dividenden und Ausschüttungen ausbezahlt.

Hier sähe die Arbeiterkammer lieber ein anderes Verhältnis. "Man kann nicht gleich wieder nahezu voll ausschütten, wenn das erste Krisenjahr überwunden ist", kritisiert Oberrauter – zumal die Bruttoverdienste im selben Zeitraum stagnierten. Es gehe jetzt vor allem darum, Mitarbeiter aus- und weiterzubilden oder sie auf neue Bereiche umzuschulen. Der Fachkräftemangel werde immer akuter. (Bettina Pfluger, 30.12.2021)