Obwohl es die meisten nach bald zwei pandemischen Jahren nicht mehr hören können: Die Zeichen stehen auf eine neuerliche Welle von Corona-Infektionen, auch in Österreich. Die um sich greifende Virusvariante Omikron mischt dabei die Karten neu – und zwar nicht unbedingt nur zum Schlechteren. Einem beschleunigten und extremen Anstieg der Fälle dürfte ein ebenso rasches Sinken folgen, darauf lassen Statistiken aus Südafrika und zuletzt auch aus London schließen.

Gleichzeitig mussten dort, wo die Wellen bereits heftig rauschen, bis dato weniger Infizierte ins Spital oder gar in Intensivstationen eingewiesen werden als in früheren Phasen massenhafter Coronavirusverbreitung.

Ob all das unter Omikron auch in anderen Staaten so eintrifft, werden die kommenden Wochen zeigen. Aber laut dem Komplexitätsforscher und Mitglied der gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (Gecko) Peter Klimek kann die neue Virusvariante zu massiven Personalausfällen bei Versorgern, in Behörden und Firmen führen. Und zwar noch bevor sie wegen der großen Zahl Infizierter im ohnehin bereits geschwächten Gesundheitswesen aufschlägt – auch wenn die Krankheitsverläufe, wie es vorerst scheint, im Durchschnitt leichter sind. Die aktuellen Probleme bei internationalen Airlines wegen infizierter Flugzeugcrews unterstreichen diese Vorhersage.

Die um sich greifende Virusvariante Omikron mischt die Karten neu.
Foto: imago images/Eibner

Was ist angesichts dessen zu tun? Wie kann die Verbreitung einer Virusvariante eingedämmt werden, die einerseits hoch infektiös ist, anderseits das bisherige Argument relativiert, dass ein Überlaufen der Intensivstationen verhindert werden muss? Ist vielleicht gar das bewusste Durchlaufenlassen der Omikron-Welle eine Option – sofern das der verbreitungsfreudige Erreger nicht von sich aus erledigt?

Durchlaufenlassen?

Das Durchlaufenlassen ist keine gute Idee. Es wäre verantwortungslos, nichts zu unternehmen, um eine Versorgungskrise abzuwenden, die zwangsläufig eintreten würden, wenn einmal – sagen wir – zehn Prozent aller Menschen im Land krank sind und/oder in Quarantäne sitzen. Dann müsste man jedenfalls die herrschenden Isolationsregeln überdenken, soweit das infektiologisch und epidemiologisch vertretbar ist. In den USA hat die Gesundheitsbehörde CDC empfohlen, die Corona-Quarantäne bei Positiven ohne Symptome von zehn auf fünf Tage zu reduzieren, mit der Auflage, weitere fünf Tage lang Maske zu tragen. Das tut nicht nur der Wirtschaft gut, sondern es verringert den massiven Stress, der von einem seuchenbedingten Hausarrest nun einmal ausgeht, für alle.

Darüber hinaus ist im Ringen mit Omikron mehr denn je gute Kommunikation gefragt. Um Infektionsspitzen abzuflachen, wie sie in den vergangenen Wochen etwa in England registriert wurden, muss man besonders rasch und präventiv agieren. Etwa mit der Booster-Offensive in reichen Staaten wie Österreich, aber auch mit den ungeliebten nichtpharmazeutischen Interventionen.

Würden etwa jetzt die Kontakte massiv reduziert, könnten die Schulen in der Omikron-Welle mit größerer Wahrscheinlichkeit geöffnet bleiben. Doch um Menschen von derlei Vorausschau zu überzeugen, braucht es gute Argumente – und ein Vertrauensverhältnis, mit dem es in Österreich derzeit nicht weit her ist. Die Proteste gegen die 22-Uhr-Sperrstunde zu Silvester, die epidemiologisch wohl nur wenig bringt, zeigen das. (Irene Brickner, 29.12.2021)