Ryoyu Kobayashi bejubelte seinen schon vierten Saisonsieg.

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Daniel Huber war beim Auftakt bester der doch enttäuschenden ÖSV-Adler.

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Für Österreichs Skispringerei wird das Streben nach dem Gesamtsieg bei der 70. Vierschanzentournee einmal mehr zum Kobayashi Maru. Schon nach dem Auftakt in Oberstdorf steht die Truppe von Coach Andreas Widhölzl vor einer ebenso eigentlich unlösbaren Aufgabe, wie sie im Universum von Star Trek dem Offiziersnachwuchs zur Übung an der Starfleet Academy zugemutet wird. Selbst Stefan Kraft ist kein Kirk, also wird der 28-jährige Salzburger am 6. Jänner in Bischofshofen ziemlich sicher nicht seinen zweiten Tourneesieg nach 2015 landen.

Die alte Weisheit, wonach die Tournee in Oberstdorf nicht zu gewinnen, wohl aber zu verlieren ist, hat sich am Mittwoch neuerlich bewahrheitet, zum Leidwesen nicht nur der Österreicher, die bei Starkregen in Daniel Huber ihren Besten auf Rang acht brachten. Der 28-jährige Salzburger liegt 33 Zähler hinter Sieger Ryoyu Kobayashi, der sich mit Flügen auf 128,5 und 141 Meter vor den Norwegern Halvor Egner Granerud (–2,8 Punkte) , Robert Johansson (–3,4) und Marius Lindvik (–5,7) durchsetzte.

Der 25-jährige Japaner aus Hachimantai auf der Nordinsel Honshū galt als Favorit auf die Nachfolge von Kamil Stoch, der im Oberallgäuer Sauwetter ebenfalls abstürzte, ja in den der Tournee eigenen Duellen gegen den Slowenen Cene Prevc nicht einmal das Finale erreichte und 2022 keinesfalls seinen vierten Tourneesieg feiern wird.

Lucky Loser

Kraft, am 5. März noch Weltmeister auf der Schattenbergschanze, musste nach einem schlechten ersten Sprung als einer der fünf Lucky Loser finalisieren, sprang dann wenigstens von Platz 17 auf Rang zwölf vor, blieb aber 41,9 Punkte hinter Kobayashi. Jan Hörl, der in dieser Saison wie auch Kraft schon ein Weltcupspringen gewonnen hat, fand sich auf Rang 17 wieder. Daniel Tschofenig (21.) und Philipp Aschenwald (22.) kamen ebenfalls unter die 30, Ulrich Wohlgenannt (35.) und Manuel Fettner (39.) scheiterten in ihren Duellen.

Huber, der im zweiten Durchgang einen Platz eingebüßt hatte, sah auch im übertragenen Sinn einen "regnerischen Tag" für Österreich. "Schade, wir hätten definitiv mehr drauf." Unbescheiden wollte Huber nicht erscheinen, mit der Platzierung war er also "nicht unzufrieden, auch wenn es nicht ideal ist und ich weiß, dass ich mehr kann".

Beweisen kann das der vielleicht beste Springer ohne Weltcupsieg im Feld am Neujahrstag in Garmisch-Partenkirchen, allerdings ist die neue Olympiaschanze nicht gerade ein Lieblingsbakken der Österreicher. 2014 war Thomas Diethart auf seiner Reise zum Tourneesieg der bisher letzte Triumphator des ÖSV. Danach setzte es zum Teil empfindliche Niederlagen. Den letzten Podestplatz holte Kraft 2017 als Dritter.

Im Vorjahr hieß der Garmisch-Sieger Dawid Kubacki. In Oberstdorf kam er als einziger Pole ins Finale der besten 30 und wurde unmittelbar vor Fatih Arda Ipcioglu, der als erster türkischer Skispringer Weltcuppunkte sammelte, nur 28.

Flattermänner

Der Absturz der polnischen Mannschaft ist beispiellos und nicht nur als Langzeitfolge des Abgangs von Erfolgstrainer Stefan Horngacher zu den Deutschen im Jahr 2019 zu deuten. Es gilt als offenes Geheimnis, dass unter Coach Michal Doležal, der schon unter Horngacher für das Material zuständig war, das Anzugsreglement bis zum letzten Millimeter Stoff ausgelegt wurde. Die Vorschriften wurden vor dieser Saison verschärft, zudem nimmt es der Finne Mika Jukkara, der dem Österreicher Sepp Gratzer als Materialkontrolleur des Skiweltverbandes Fis folgte, besonders genau.

Milde bei Herrn Jukkara zu erwirken ist quasi ein Kobayashi Maru. (Sigi Lützow, 29.12.2021)

Ergebnisse des Vierschanzentournee-Auftakts in Oberstdorf:

1. Ryoyu Kobayashi (JPN) 302,0 (128,5/141,0)
2. Halvor Egner Granerud (NOR) 299,2 (132,0/133,0)
3. Robert Johansson (NOR) 298,6 (135,5/131,0)
4. Marius Lindvik (NOR) 296,3 (129,5/137,5)
5. Karl Geiger (GER) 295,9 (131,5/131,0)
6. Lovro Kos (SLO) 289,5 (126,5/139,5)
7. Markus Eisenbichler (GER) 281,1 (129,5/132,5)
8. Daniel Huber (AUT) 269,0 (129,0/126,5)
9. Stephan Leyhe (GER) 266,8 (124,5/125,0)
10. Gregor Deschwanden (SUI) 262,6 (129,0/122,5)
11. Junshiro Kobayashi (JPN) 261,2 (127,0/124,5)
12. Stefan Kraft (AUT) 260,1 (126,5/123,0)
13. Simon Ammann (SUI) 258,4 (123,0/125,0)
14. Killian Peier (SUI) 256,8 (121,5/125,0)
15. Jewgenij Klimow (RUS) 256,6 (122,0/123,0)
16. Yukiya Sato (JPN) 252,8 (117,0/123,5)
17. Jan Hörl (AUT) 252,4 (121,0/121,5)
18. Daniel-Andre Tande (NOR) 251,0 (121,5/121,0)
19. Peter Prevc (SLO) 249,8 (128,0/118,0)
20. Naoki Nakamura (JPN) 248,1 (121,5/119,0)
21. Daniel Tschofenig (AUT) 246,2 (122,0/115,5)
22. Philipp Aschenwald (AUT) 244,7 (121,0/116,0)
23. Anze Lanisek (SLO) 241,3 (116,0/121,5)
24. Roman Trofimow (RUS) 234,1 (115,5/123,5)
25. Mackenzie Boyd-Clowes (CAN) 234,0 (126,5/111,0)
26. Pius Paschke (GER) 233,8 (123,0/110,0)
27. Cene Prevc (SLO) 230,7 (122,0/110,5)
28. Dawid Kubacki (POL) 227,8 (111,5/113,5)
29. Fatih Arda Ipcioglu (TUR) 224,7 (120,0/109,0)
30. Johann Andre Forfang (NOR) 224,4 (110,5/118,5)

Nicht für den 2. DG qualifiziert:
Ulrich Wohlgenannt (35.) und Manuel Fettner (39./beide AUT)

Disqualifiziert: Severin Freund (GER)

Tournee-Wertung:

1. Ryoyu Kobayashi (JPN) 302,0
2. Halvor Egner Granerud (NOR) 299,2
3. Robert Johansson (NOR) 298,6
4. Marius Lindvik (NOR) 296,3
5. Karl Geiger (GER) 295,9
6. Lovro Kos (SLO) 289,5
7. Markus Eisenbichler (GER) 281,1
8. Daniel Huber (AUT) 269,0
9. Stephan Leyhe (GER) 266,8
10. Gregor Deschwanden (SUI) 262,6
11. Junshiro Kobayashi (JPN) 261,2
12. Stefan Kraft (AUT) 260,1

Weltcup – Gesamtwertung (nach 10 Bewerben):

1. Karl Geiger (GER) 639
2. Ryoyu Kobayashi (JPN) 596
3. Halvor Egner Granerud (NOR) 441
4. Marius Lindvik (NOR) 387
5. Stefan Kraft (AUT) 380
6. Anze Lanisek (SLO) 367
7. Markus Eisenbichler (GER) 327
8. Killian Peier (SUI) 308
9. Robert Johansson (NOR) 273
10. Cene Prevc (SLO) 266
11. Jan Hörl (AUT) 254

Nationencup (10):

1. Deutschland 1876
2. Norwegen 1546
3. Österreich 1532
4. Slowenien 1342
5. Japan 1229
6. Polen 597
7. Schweiz 495
8. Russland 329
9. Finnland 22
10. Estland 13