Bundeskanzler Nehammer will beim Thema Migration am Kurs seines Vorgängers Sebastian Kurz festhalten.

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Wien/EU-weit/Brüssel – Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) lehnt nach einem Appell von Papst Franziskus die zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen ab. "Wir haben hunderte Familien schon dieses Jahr aufgenommen", sagt Nehammer mit Blick auf die Bitte von Österreichs Bischofskonferenz, zu Weihnachten 100 Flüchtlingsfamilien ins Land zu lassen. Papst Franziskus hatte am 23. Dezember die Ortskirchen in aller Welt zur Aufnahme von Flüchtlingen aufgerufen und die jeweiligen Regierungen gebeten, dies zu ermöglichen.

"Wenn wir schon mit 34.000 Asylanträgen belastet sind, wen soll ich dann noch aufnehmen als Österreich, wenn ich weiß, dass (...) mittlerweile fast 24 Mitgliedsländer dann zum Teil weniger belastet sind als Österreich", sagte der frühere Innenminister mit Blick auf die Asylzahlen 2021. "Das ist ja keine Frage der bösen Absicht, sondern auch der Machbarkeit", warb Nehammer um Verständnis für seine Position.

Andere EU-Länder in die Pflicht nehmen

Nehammer betonte, dass Österreich "unglaublich viel" zum Schutz von Menschen leiste. "Wir reden nicht darüber, wir tun." Statt "immer den Scheinwerfer nach Österreich zu richten und zu sagen: Warum macht ihr nicht mehr?", sollten jene 24 EU-Staaten stärker in die Pflicht genommen werden, "die weniger leisten".

Deshalb habe Österreich auch "ein ganz klares Recht darauf, dass es auch da seine Positionen innerhalb der Europäischen Union klar vertritt", sagte der Kanzler in Anspielung auf die von anderen EU-Staaten immer wieder geäußerte Kritik am klaren österreichischen Nein zu einem System der Flüchtlingsverteilung. Es sei diesbezüglich noch "vieles an Aufklärungsarbeit" nötig, weil viele EU-Staaten "gar nicht sehen oder erkennen, wie sehr Österreich belastet ist". In EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe Österreich aber "eine sehr interessierte Verbündete an seiner Seite", lobte Nehammer die Vorschläge der Brüsseler Behörde für einen neuen Pakt für Migration und Asyl, insbesondere was Rückführungen und schnellere Asylverfahren betrifft.

Auf die Frage, ob er auf dem europäischen Parkett eher so zurückhaltend wie Werner Faymann (SPÖ) oder so forsch wie Sebastian Kurz (ÖVP) auftreten werde, verwies Nehammer auf die Vorstöße des Ex-ÖVP-Chefs in der Migrationsfrage. Als Kurz diese auf EU-Ebene stark thematisiert habe, sei er "noch eher isoliert" gewesen, doch mittlerweile habe Österreich "ganz viele EU-Mitgliedsstaaten als Verbündete". "Es zahlt sich aus, in Europa Standpunkte klar anzusprechen", so Nehammer. (APA, 30.12.2021)