14 Etappen in der saudischen Wüste.

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Dschidda – Im Verkehrschaos von Dschidda hat Dania Akeel alles im Griff. Die Fahrweise in der saudischen Hafenstadt gilt als überaus rabiat, Nervenstärke ist unabdingbar. "Alles kann passieren, zu jeder Zeit", sagt Akeel, "es ist das perfekte Training fürs Racing." Und damit eine gute Vorbereitung auf ihr bislang größtes Abenteuer.

Die 33-Jährige ist eine von zwei Frauen aus Saudi-Arabien, die bei der Rallye Dakar (1. bis 14. Januar) erstmals als Teilnehmerinnen am Steuer sitzen – und das ausgerechnet in ihrem Heimatland. Akeel und Mashael Al Obaidan, die beide in einem T3-Buggy antreten, leisten Pionierarbeit. Schließlich dürfen Frauen in der islamisch-konservativen Monarchie erst seit Juni 2018 Auto fahren.

Dania Akeel (rechts) und ihre Maschine.
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Der Besonderheit ihres Starts ist sich Akeel bewusst. "Ich spüre schon eine Verantwortung, diesem Fakt gerecht zu werden und dieser Rolle Respekt zu zollen. Aber zu viel Druck schadet nur", sagt sie – und hofft auf eine Vorbildfunktion.

Sie wünsche sich, dass Frauen in ihrer Heimat nicht so sehr auf das Ergebnis schauten, "sondern den Fakt sehen, dass ich tue, was ich liebe. Dass ich mich in eine Situation begebe, in der ich scheitern, in der ich Fehler machen, aber auch erfolgreich sein kann", sagt Akeel.

Akeel, die in London Moderne Geschichte und Politik studierte, besitzt ihren Führerschein schon deutlich länger. Ihre Leidenschaft für die Geschwindigkeit reicht sogar bis in die Kindheit zurück. Akeel fand früh Gefallen an allem, was sie schneller machte als die eigenen Beine. Das konnten Autos sein, es reichten aber auch Fahrräder, Skateboards oder Rollerblades.

"Es musste nicht mal einen Motor haben", sagt Akeel. Sie durfte sich ausprobieren. In ihrer Familie gab es keine Vorbehalte. Mit ihrem Vater verfolgte sie oft die Formel 1 im TV, gemeinsam sahen sie Michael Schumacher im Ferrari von Sieg zu Sieg eilen.

Dania Akeel: "Es ist ein großes Abenteuer".
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Inzwischen treibt Akeel ihre eigene Rennsport-Karriere voran. Vom saudischen Motorsportverband SAMF erhielt sie als erste Frau eine Wettkampflizenz, 2019 nahm sie an einer Motorrad-Superseries in den Vereinigten Arabischen Emiraten teil – und wurde prompt "Rookie des Jahres".

Nach einem schweren Unfall folgte der Wechsel in den Rallye-Sport, wo sie zuletzt mit dem Gewinn des FIA-Weltmeistertitels der Cross Country Bajas auf sich aufmerksam machte.

Nun steht die Dakar bevor. Zwei Wochen lang wird sie mit rund 135 km/h über Sand und Geröll rasen. "Es ist ein großes Abenteuer", sagt Akeel, das "mental und körperlich eine Grenzerfahrung" sei: "Ich will es genießen."

Erfolgreich sein heißt für sie bei der Dakar vor allem: Ankommen. "Ich würde gerne eine Top-Platzierung erzielen. Aber ich bin Newcomer, es ist meine erste Dakar", sagt Akeel: "Die Wettkämpferin in mir wird ein Auge auf das Ranking haben, aber ich will in erster Linie in Dschidda ankommen."

Dort, wo das Verkehrschaos auch erfahrene Autofahrer an die Grenzen bringt, endet die Rallye am 14. Januar. Dania Akeel ist vorbereitet. (sid, 30.12.2021)