Sebastian Gypser und Marija Pecanac haben jeden Zentimeter ihrer Dachgeschoßwohnung im 20. Wiener Gemeindebezirk selbst gestaltet. Jedes Stück ist sorgsam ausgewählt, fertig sind sie aber noch lange nicht.

"Als wir uns entschieden haben, eine Wohnung zu kaufen, haben wir uns einige Dachausbauten angeschaut. Die meisten Dachböden sind ursprünglich offen und bieten einen weiten Blick über die Dächer Wiens, werden in weiterer Folge aber oft zu Maisonette-Wohnungen verbaut. Dann haben sie eine klassische Deckenhöhe von 2,50 Meter.

Die beiden haben die Wohnung selbst geplant und nutzen jeden Zentimeter.
Foto: Lisi Specht

Das war mir aufgrund meiner Größe von 1,96 Meter aber schon immer unangenehm. Wir hätten schon beinahe aufgegeben, bis wir diese Räume mit einer Deckenhöhe von bis zu fünf Metern betreten haben.

Vor vier Jahren war diese Wohnung fast noch ein Rohdachboden. Lediglich die Kaminwände und der Dachstuhl waren da. Die restliche Gestaltung haben wir übernommen. Wir haben uns mit dem Bauträger gut verstanden und er hat alles nach unseren Wünschen umgesetzt.

Teile der Kaminmauern sollten als Ziegelwände erhalten bleiben, das war uns wichtig. Wir haben unter anderem den Grundriss neu geplant, einen Kaminanschluss machen lassen, mehr Fenster eingebaut, für den Boden im Wohnbereich ein anderes Material gewählt und oben einen zusätzlichen Raum geschaffen.

Die Umbauarbeiten haben rund ein halbes Jahr gedauert. Wir nutzen jede Ecke der Wohnung und haben auf den 95 Quadratmetern bewusst wenig Stauraum. Daher misten wir alle zwei, drei Monate aus.

Jedes einzelne Möbelstück hat das Paar bewusst ausgewählt. Die Küche haben sie selbst entworfen und vom Tischler anfertigen lassen.
Fotos: Lisi Specht

Wir haben unten einen Balkon und oben eine Terrasse. Was besonders ist, ist, dass wir jeden Tag Sonnenaufgang und -untergang sehen können, wenn wir möchten. Das Licht der Abendsonne in diesen Räumen ist unbezahlbar.

Mein Vater war Architekt, auch mein Bruder hat Architektur studiert und ich finde schöne Wohnungen schon mein ganzes Leben lang faszinierend. Wenn ich etwas schönes gesehen habe, habe ich mir immer gedacht, dass es wäre cool, wenn ich das irgendwann in meiner Wohnung unterbringen könnte. In meiner Vorstellung waren beispielsweise immer Ziegel und ein offener Schwedenkamin zu sehen.

Die Wohnung ist eine Mischung aus Auftragsarbeiten und selbst gemachten Stücken. Die Küche ist zum Beispiel vom Tischler, da haben wir gemeinsam viel herumgeplant. Leider ist am Ende das Holz dunkler geworden, als wir wollten. Das lassen wir in ferner Zukunft vielleicht einmal ändern.

Die Tischplatte war früher Teil eines Traktoranhängers, den Gypser kurzerhand umfunktioniert hat.
Fotos: Lisi Specht

Den Esstisch habe ich aus der Ladeklappe eines alten Traktoranhängers gebaut. Auch die Lautsprecher habe ich schon vor Jahren gebaut. Mein Vater hat viel selbst gemacht, das habe ich wohl von ihm übernommen. Hinter jedem Gegenstand in dieser Wohnung steckt eine Überlegung – auch hinter den paar Ikeamöbeln.

Auf der Liste meiner Lieblingsstücke ist das Sofa ganz weit oben, es ist so farbenfroh und optisch leicht. Auch der Lederfauteuil gegenüber ist besonders für mich. Auf einem älteren Modell bin ich schon als Kind gesessen, jetzt bietet der gleiche Stuhl einen willkommen Spielplatz für meine Tochter.

Das Sideboard im Schlafzimmer mag ich sehr gerne, und sogar die Kaffeemaschine macht uns jeden Tag glücklich. Sie ist optisch schön und macht natürlich auch guten Filterkaffee. Jedes Mal, wenn wir in die Wohnung kommen, freuen wir uns. Sie ist unser absoluter Wohntraum.

Fotos: Lisi Specht

95 Prozent aller Überlegungen und Träume, die ich je hatte, konnten wir hier verwirklichen. Trotzdem tüfteln wir noch an einigen Details. Die drei Grundmaterialien der Wohnung sind Holz, der graue Steinboden und Metall. Den Rest haben wir mit Farben bespielt.

Der Schreibtisch, den wir fürs Homeoffice gerade erst neu gemacht haben, hat leider überhaupt nicht die Farbe, die wir wollten, das werden wir irgendwann verändern, genauso wie das Badezimmer oben. Das gefällt uns zwar prinzipiell sehr gut, wir hätten aber eigentlich gerne eine freistehende Badewanne gehabt. Davon wurde uns abgeraten. Jetzt haben wir eine normale, denken aber noch immer oft an unserer ursprüngliche Gestaltungsidee.

Die Räume oben haben generell noch Potenzial. Es geht immer mehr ins Detail. Jetzt beginnt die Feinarbeit. Da wir in den vergangenen Jahren aber viel Geld in die Wohnung gesteckt haben, sind das Ideen für die nächsten 20 Jahre." (PROTOKOLL: Julia Beirer, 3.1.2022)