Die Holzhütte brannte ab.

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Die Überreste des abgebrannten Protest-Camp-Bauwerks.

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Wien – Im Protestcamp von Klimaaktivisten gegen den Bau der Stadtstraße Aspern in Wien ist in der Nacht auf Freitag eine zweistöckige Holzhütte in Brand geraten. Das Objekt an der Hirschstettner Straße in der Donaustadt – es handelt sich nicht um die oft fotografierte Holzpyramide – wurde ein Raub der Flammen, Verletzte gab es keine. Da ein Fremdverschulden nicht ausgeschlossen wird, hat auch der Verfassungsschutz Ermittlungen aufgenommen. "Wenn sich dieser Verdacht erhärtet, wurde die Gesundheit von jungen Menschen bewusst auf's Spiel gesetzt. Das ist auf das Schärfste zu verurteilen", reagierte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Die Ermittlungen werden "mit Hochdruck" geführt, so Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

Anwesende hätten laut Polizeiangaben einen Radfahrer gesehen und Brandbeschleuniger wahrgenommen. Das bestätigte Lena Schilling, vom Jugendrat, Sprecherin von LobauBleibt: "Es waren Aktivisten und Aktivistinnen in der Holzhütte. Alle sind zum Glück rechtzeitig herausgekommen." Und weiter: "Ich will mir gar nicht vorstellen was passiert wäre, wenn alle geschlafen hätten." Über das Motiv könne man bisher nur rätseln. "Wer immer dafür verantwortlich ist, muss gewusst haben, dass sich im Witterungsschutz Personen befanden", so die Sprecherin. "Wir sind schockiert, aber wir werden uns nicht von unserem Ziel abbringen lassen."

Innenminister verspricht Aufklärung

Die Personen in der Hütte wurden sofort auf den Brand aufmerksam und versuchten, ihn mit Feuerlöschern zu bekämpfen, schilderte Schilling. Der Notruf ging bei den Einsatzkräfte kurz nach 2.00 Uhr ein. "Da es sich um ein Holzgebäude handelte, stand es schnell in Vollbrand und brach dann zusammen", berichtete ein Feuerwehrsprecher. Bereits in der Nacht nahmen Brandermittler ihre Arbeit auf.

"Der friedliche Protest ist ein Ausdruck der Meinungsfreiheit und ein Grundpfeiler unseres demokratischen Zusammenlebens", betonte Karner. "Die Polizei wird jeden, der versucht die Grundrechte anderer einzuschränken, mit allen rechtsstaatlichen Möglichkeiten konsequent verfolgen und zur Verantwortung ziehen."

Entsetzt über den Vorfall zeigte sich der Klimaschutzsprecher der Grünen, Lukas Hammer, in einer Aussendung. "Ich bin froh und erleichtert, dass sich die Aktivist*innen rechtzeitig aus der brennenden Hütte retten konnten und unverletzt geblieben sind. Sollte sich der mutmaßliche Brandanschlag bewahrheiten, wäre das ein noch nie dagewesener Angriff auf das Leben junger Klima-Aktivist*innen, den ich aufs schärfste Verurteile", so Hammer. Auch Vertreter der Wiener Neos und der SPÖ zeigten sich in Aussendungen erleichtert, dass bei dem Brand niemand verletzt wurde.

Anton Mahdalik von der FPÖ mutmaßte, dass die Baustellenbesetzer "die Holzbaracke selber durch eine illegale Feuerstelle (...) abgefackelt" haben könnten.

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Protest gegen Stadtstraße

Schon seit dem Sommer campieren und besetzen Klimaaktivisten mehrere Zugänge zu Asfinag-Baustellen. Sie wollen den Bau einer Stadtstraße im 22. Bezirk, der Donaustadt, verhindern, mit der die Stadt Wien die Seestadt Aspern mit der Südosttangente verbinden will. Bei der Stadt Wien hält man den Bau für die zukünftige Stadtentwicklung und um die Donaustadt von Verkehr zu entlasten für unbedingt notwendig. Die Gegner sehen durch die Straße keine Verkehrsprobleme gelöst – sie trage langfristig nur zu mehr Autoverkehr bei, argumentieren sie.

Zuletzt wurde der Ton zwischen Stadt und Aktivisten immer rauer. Anfang Dezember – kurz nachdem Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Bau des Lobau-Tunnels abgesagt hat – wollte die Stadt die Camps räumen lassen, zog aber zurück, weil die teils minderjährigen Aktivisten nicht freiwillig gehen wollten. Anschließend verschickte die Stadt Wien per Brief – ebenfalls teilweise an Minderjährige – Klagsdrohungen auf Schadenersatz, was für Empörung und Kritik aus der Öffentlichkeit sorgte. Nun zog Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) die Klagsdrohungen gegen Minderjährige zurück – gegen volljährige Aktivisten bleiben sie jedoch bestehen. Nun sind offenbar Gespräche zwischen Stadt und Aktivisten geplant. (APA, red, 31.12.2021)