"Mutig in die neuen Zeiten": Dieser Textteil der Bundeshymne müsse gerade während der Pandemie gelebt werden, appelliert Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

Foto: APA / BMLV / DANIEL TRIPPOLT

Wien – Dass 2021 für Österreich ein Drei-Kanzler-Jahr gewesen ist, erwähnt Bundespräsident Alexander Van der Bellen in seiner Neujahrsansprache nicht: In seiner im Fernsehen übertragenen Botschaft (Samstag, 19:49 Uhr auf ORF1 und ORF2) an die Bevölkerung dreht sich alles um die Covid-19-Pandemie und wie diese sich auf die Gesellschaft auswirkt.

Die vier Lockdowns und das Auftreten immer neuer Virusvarianten belasten die Menschen und sie artikulieren das auch. Van der Bellen erkennt "Wut, Zorn, Angst; Stimmen, die alles besser wissen, Stimmen von Misstrauen, Stimmen, die von Verschwörungen sprechen, von Unversöhnlichkeit, aber auch echte Verzweiflung. Heute sind diese Stimmen zum Teil so laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Geschweige denn das des anderen."

Pandemieende "noch lange nicht in Sicht"

Hoffnung kann der Bundespräsident nur bedingt spenden: Ein Ende von Corona sei aufgrund der infektiöseren Omikron-Variante noch lange nicht in Sicht, gibt sich das Staatsoberhaupt überzeugt. Man könne nicht einmal sagen, was die nächsten Tage bezüglich des Infektionsgeschehens und dessen Auswirkungen auf den Alltag bringen würden, geschweige denn die kommenden Wochen.

Den Mut dürfe man dennoch nicht verlieren, nimmt Van der Bellen auf den Text der Bundeshymne Bezug, das Motto "Mutig in die neuen Zeiten" müsse gerade jetzt gelebt werden. "Wir müssen, selbst wenn es schwerfällt, die Herzen geöffnet halten, aufeinander zugehen und füreinander da sein. Und wir wissen ja, was nach wie vor hilft: Abstand halten, Maske tragen, impfen lassen, Hände waschen", gibt der Politiker Verhaltensratschläge.

Und bezieht auch Stellung, indem er die Gesundheitsberufe lobt, wo Menschen seit langer Zeit "an und über ihrem Limit" arbeiten würden "und jetzt auch noch dafür attackiert werden, dass sie für andere da sind". Eine "große Mehrheit" der Bevölkerung übernehme dagegen Verantwortung, "indem sie sich und andere schützt".

"Andere Meinung hören und zulassen"

Van der Bellen ruft dazu auf, wieder miteinander ins Gespräch zu kommen. "Wie kommen wir wieder ins Gespräch? Wir begegnen uns ja kaum noch im öffentlichen Raum. Und online treffen wir meistens ja nur die, die ohnehin unsere Meinung teilen. Gegenseitig bestärkt haben wir uns da genug. Jetzt geht es darum, jede Gelegenheit zum respektvollen Gespräch zu nutzen. In der Bahn, am Arbeitsplatz, in der Familie, wo auch immer. Es geht darum, wieder zu lernen, eine andere Meinung zu hören, zuzulassen und ein Argument dagegen oder dafür zu finden."

Für ihn sei das die Voraussetzung, nach dem Ende der Pandemie, "einander noch in die Augen schauen" zu können und sich gemeinsam künftigen Herausforderungen zu widmen, betont der Präsident. "Trotz allem" wünscht er ein großartiges Jahr 2022. (moe, 1.1.2022)