In Berufen mit einem höheren Einkommen ist die Ungleichheit größer.

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In allen OECD-Ländern verdienen Frauen weniger als Männer, der Unterschied liegt zwischen 4 und 30 Prozent. OECD-weit sind es knapp 13 Prozent, die Frauen für eine gleichwertige Vollzeitarbeit weniger Lohn bekommen als Männer. Eine erfolgreiche und vielversprechende Maßnahme im Kampf gegen diese "globale Ungerechtigkeit" sind laut Studie der OECD die zuletzt in vielen Ländern eingeführten Initiativen für mehr Lohntransparenz.

Lohntransparenz ein "einfaches Instrument"

Die Maßnahmen seien meist noch sehr neu, ihre Bewertung noch im Frühstadium, heißt es im aktuellen OECD-Bericht zum Thema (Pay Transparency Tools to Close the Gender Wage Gap). Aber Lohntransparenz sei ein "relativ einfaches, intuitiv verständliches Instrument, um die Lohnunterschiede festzustellen und um auch am Arbeitsplatz gegenzusteuern". Das gelte vor allem für mittlere und größere Unternehmen, deren Personalmanagement die Kapazität habe, geschlechtsspezifische Unterschiede zu berechnen.

Die Offenlegung von Gehältern gebe den Beschäftigten, den Arbeitgebern und der Öffentlichkeit ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Ungleichheit der Einkommen in die Hand, da sie nicht nur die Existenz des Problems, sondern auch dessen Dimension sichtbar mache. Es müssten aber einige Punkte berücksichtigt werden.

So zeige die Erfahrung, dass möglichst viele Parteien – insbesondere Gewerkschaften oder Betriebsräte – in den Prozess eingebunden sein und die Ergebnisse prominent publiziert werden sollten. Der Staat sollte Firmen klar vorgeben, welche Daten berichtet werden müssen. Hilfreich seien zentral zur Verfügung gestellte "Lohnrechner", die Firmen nutzen können, um die Daten auszuwerten und zu präsentieren. In der Schweiz etwa gebe es mit "Logib" zwei Module, mit denen unterschiedlich große Unternehmen ihren "Gender Wage Gap" berechnen können. Auch sollten die Einhaltung der Vorgaben kontrolliert und Abweichungen sanktioniert werden, empfiehlt die OECD.

Unterschiedliche Ansätze

Hier haben verschiedene Ländern unterschiedliche – jeweils durchaus erfolgreiche – Ansätze. Sie reichen von öffentlicher Bloßstellung (name and shame) von Berichtsmuffeln in Großbritannien über Kontrollen durch Arbeitsinspektorate in Frankreich bis zur Datenveröffentlichung durch die Sozialversicherung in Litauen.

Man dürfe aber nicht vergessen, nach der Veröffentlichung auch einen Plan zum Abbau der Schlechterstellung vorzuschreiben und ein Auge auf die Einhaltung zu werfen. Auch hier haben aus Sicht der OECD Regierungen oder Gewerkschaften eine wichtige Rolle zu spielen.

Der Druck, die Regeln umzusetzen, müsse immer aufrecht bleiben. Selbst in Vorzeigeländern wie Schweden oder Finnland gebe es Firmen, die nur das allernötigste Minimum tun und keine Anstrengungen unternehmen, die Diskriminierung abzubauen. Auch sollten zunehmend kleinere Firmen in das System integriert werden – die Kosten seien sehr gering, sobald das System eingerichtet ist, sagt die OECD.

Bisherige Untersuchungen über Firmen, die die Lohnverteilung transparent machten, hätten kleine Verringerungen im Lohnunterschied gezeigt – wenn die Berichterstattung darüber sehr prominent war, oder wenn Sanktionen angedroht wurden. Die Angleichung erfolgte eher durch eine Senkung der Löhne der Männer als durch eine Steigerung der Fraueneinkommen. Je schwächer die Sanktionen oder Sichtbarkeit, desto geringer scheinen die Effekte der Lohntransparenz zu sein.

Lohnungleichheit in den vergangenen 25 Jahren gesunken

Gesetze für gleichen Lohn und gegen Diskriminierung seien zwar wichtig, in der Praxis haben sie aber die Bürde, sich um gleiche Bezahlung zu kümmern, den einzelnen Arbeitnehmerinnen auferlegt und wenig zur Schließung der Lücke beigetragen, urteilt die OECD. Der Abbau der Diskriminierungen komme bisher nur lähmend langsam voran. In 25 Jahren seit 1996 sei der Lohnunterschied OECD-weit von knapp 19 Prozent auf nunmehr 12,8 Prozent gesunken.

Denn die offenkundige Diskriminierung bei gleicher Tätigkeit sei nur eine der Dimensionen, die zur schlechteren Entlohnung der Frauen führen. Dazu komme, dass Frauen einen viel größeren Anteil an unbezahlter Arbeit in der Familie leisten, dass sie häufiger in schlechter bezahlten Sozialberufen landen (horizontale Segregation) und dass sie – auch wegen Auszeiten für die Familie – die Karriereleiter langsamer und weniger hoch hinaufkommen (vertikale Segregation).

Große Auswirkungen

Je höher die Einkommensklasse, desto größer der Lohnunterschied. Auch das zeige, wie schwer es für Frauen ist, in hoch bezahlte Jobs vorzudringen. Mindestlöhne tragen im Gegenzug zu einer geringeren Differenz bei Niedriglöhnen bei, so die OECD.

Der Einkommensunterschied wirke sich auf das gesamte Leben der Frauen aus – auch nach dem Ende des Berufslebens. Frauen über 65 Jahren haben nur drei Viertel der Pension von Männern, während 15,7 Prozent der älteren Frauen in Armut leben, sind es 10,3 Prozent der Männer.

Und letztlich gehe es nicht nur um die Frauen, sondern auch um die Kinder. Nicht nur, dass höhere Einkommen der Mütter zu einem höheren Haushaltseinkommen und damit zu einer besseren Lage der Kinder führen. "Außerdem ist es inzwischen fast Allgemeinwissen in den Wirtschaftswissenschaften, dass es Kindern gesundheitlich besser geht, wenn ihre Mütter einen größeren Teil der Haushaltsressourcen kontrollieren", heißt es in dem Bericht. Auch das werde maßgeblich davon beeinflusst, wer wie viel Einkommen nach Hause bringt. (APA, 1.1.2022)