Franz Welser-Möst strahlt als Dirigent sanfte Herzenswärme aber auch stählerne Unerbittlichkeit aus.

Foto: Julia Wesely

Des Geldes wegen wird er es nicht machen – obschon die Gage für die Leitung des Neujahrskonzerts so sagenumwoben hoch ist wie der Streikfonds des ÖGB. Nein, Franz Welser-Möst hat finanziell ausgesorgt, wie er selbst bekannte. Das Portfolio seiner Ausstrahlung wiederum beinhaltet neben sanfter Herzenswärme und der Sprödheit eines Musterschülers auch eine gewisse stählerne Unerbittlichkeit.

Er bewohnt eine prachtvolle Familienvilla am Attersee, samt Bibliothek mit 8000 Büchern. Sein eigenes Werk – Als ich die Stille fand – wird dort wohl auch einen Platz haben. Anlässlich seines 60. Geburtstags vor eineinhalb Jahren resümierte der Dirigent darin sein Leben, pries die Entschleunigung und geißelte die heutige "Spaßgesellschaft".

"Fast eremitenhaft" würden er und seine Frau am Attersee leben, erzählte er im Interview. Von März bis November schwimmt er im See, er rudert, geht Bergsteigen, macht Yoga und isst Marillenknödel. Zur geistigen Erholung pausiert der Künstler jährlich zwölf Wochen als Dirigent.

Tiefen und Höhen mit Philharmonikern

Seit 2002 (und noch bis 2027) ist Franz Welser-Möst Musikdirektor des Cleveland Orchestra. Eine "perfekt geölte, etwas kühle Maschine" sei das Orchester zur Zeit George Szells gewesen, "das Singen" hätten sie erst später gelernt. Das Singen müssen die Wiener Philharmoniker längst nicht mehr lernen; in Diensten ihres Siamesischen Zwillings, des Staatsopernorchesters, musizieren sie allabendlich mit den tollsten Vokalartisten.

Die Beziehung der Philharmoniker zu Welser-Möst kannte Tiefen und Höhen. Der Erstkontakt 1999 verlief "gar nicht gut"; mit den Jahren wuchs jedoch das Vertrauen. Das Eintreten Welser-Mösts für eine substantielle Erhöhung der Bezüge des Staatsopernorchesters anlässlich seines Antritts als Generalmusikdirektor 2010 stimmte die Musiker selig, er durfte 2011 und 2013 das Neujahrskonzert dirigieren. Sein überraschender Rücktritt von diesem Amt Anfang September 2014 trübte das Verhältnis wieder ein.

Rupturen gab es im Leben Welser-Mösts sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich immer wieder. Auch seine Interpretationen spalteten die Musikinteressierten. Vitalen Janáček-Dirigaten an der Staatsoper standen mediokre Auftritte mit dem Cleveland Orchestra in Grafenegg und divers rezipierte Strauss-Interpretationen bei den Salzburger Festspielen gegenüber. Der Jubel in einem Jahr im Musikverein scheint ihm aber gewiss. (Stefan Ender, 2.1.2022)