Die Österreicherinnen und Österreicher verschenken zum Jahreswechsel gern Glücksschweinchen, sind aber eher pessimistisch, was die Zukunft betrifft.

Foto: Heribert Corn

Vor einem Jahr hat man sich eine – zumindest etwas – bessere Welt erhofft: Ein erfolgreiches Impfprogramm, ein Ende der Lockdowns und womöglich der ganzen Pandemie. Manche haben sich auch den damaligen Gesundheitsminister und den damaligen Kanzler, die immer wieder trügerische Lichter am Ende des Tunnels beschworen hatten, verantwortlich gemacht und wollten diese unbedingt weghaben – beide sind ersetzt worden, aber es ist deswegen nichts besser geworden.

Wir stehen nach Ansicht der Experten vor der nächsten Infektionswelle, sie droht größer zu werden als alles, was wir uns vor einem Jahr vorstellen konnten. Damals war man ja noch der Meinung, die zu jener Zeit gerade eingeführte Impfung würde von allen rasch angenommen werden und solche Wellen verhindern. Tut sie nicht.

Entsprechend frustriert geben die Menschen in der aktuellen Neujahrsumfrage ihren Pessimismus zu Protokoll. Vier von fünf Befragten rechnen mit weiteren Einschränkungen zur Corona-Bekämpfung. Etwa gleich viele sorgen sich, dass die Intensivstationen in den Krankenhäusern überlastet werden könnten – eine Sorge, die seit dem Vorjahr deutlich zugenommen hat; man könnte es ja doch selbst mal brauchen.

Wenig Grund für Optimismus

Und sonst? Auch nicht viel Grund zum Optimismus, denn der ganze Sorgenkatalog der vergangenen Jahre ist ja keineswegs abgearbeitet worden. Nach wie vor gibt es das Problem einer Kluft zwischen Armen und Wohlhabenden – und mit der aktuell hohen Inflation machen sich viele Menschen zusätzlich Sorgen um die Kaufkraft des eigenen Einkommens und den Wert der eigenen Ersparnisse.

Die warmen Temperaturen zum Jahreswechsel werden viele an den Klimawandel erinnert haben; die Nachrichten über die Entwicklungen an der ukrainischen Grenze und die weiter wachsende Macht Chinas sind auch alles andere als beruhigend.

Viel Grund also zu jener Skepsis und dem Pessimismus, die aus der aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD herauszulesen sind. Andererseits gehen die Menschen mehrheitlich recht pragmatisch mit den durchaus erkannten Problemen um: Es droht ein neuer Lockdown? Na, wenn schon! Wir haben ja eine gewisse Routine entwickelt, mit den Einschränkungen umzugehen, mögen sie noch so lästig sein.

Probleme aussitzen

Die bisher verabreichten Impfungen verlieren mit der Zeit ihre Wirkung? Na dann werden wir uns halt noch ein paarmal impfen lassen – das tun wir ja gegen andere Krankheiten auch. Dazu kommt mit der Zeit die Erfahrung, dass Impfungen vor schweren Verläufen der Corona-Infektionen schützen – und kaum Neben- oder Langzeitfolgen haben.

Gegen Kriegsgefahren und die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Ursache der aktuellen Inflation sind, kann man ohnehin wenig ausrichten. Also findet man sich besser damit ab, dass man die Probleme aussitzen muss – Bewohner anderer Länder haben es auch nicht viel besser.

Ehrlich gesagt: Viele haben es sogar deutlich schlechter als wir Österreicher, die wir bisher ganz gut durch die schwierigen letzten Monate gekommen sind.

So gesehen, können wir uns ziemlich glücklich schätzen. Auch das geht ja aus der Meinungsforschung hervor: Eine große Mehrheit der heimischen Bevölkerung ist persönlich glücklich. Und bereit, die Herausforderungen anzunehmen. (Conrad Seidl, 3.1.2022)