So manche Unternehmen haben offenbar ihre Lektion gelernt und ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen trotz der Corona-bedingten Unsicherheit und des vierten Lockdowns weiter beschäftigt. Zumindest lassen die aktuellen Arbeitsmarktdaten diesen Schluss zu: Die Arbeitslosigkeit ist zum Jahreswechsel mit 402.000 Menschen ohne Job – 66.102 davon in Schulungen – trotz saisonaler Effekte um rund 5500 Betroffene niedriger als Ende Dezember 2019, als von der Corona-Krise noch nicht die Rede war. Kurzarbeit wurde mit 176.529 Angemeldeten in viel geringerem Ausmaß in Anspruch genommen als zum Jahreswechsel 2020/2021. Damals – mitten im Lockdown – haben die heimischen Betriebe 390.000 Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt.

Trotz der unsicheren Zeiten werden Arbeitskräfte gesucht. Die Zahl der offenen Stellen ist hoch. Über 400.000 Menschen haben derzeit dennoch keinen Job.
Foto: APA/Barbara Gindl

Vieles deutet darauf hin, dass die Corona-Hilfen ihren Zweck im Großen und Ganzen erfüllen. Andererseits dürften Unternehmen angesichts der zuletzt lauter werdenden Hilferufe rund um den Arbeitskräftemangel stärker darauf bedacht sein, ihre Belegschaft zu halten. Grundsätzlich erweist sich der Arbeitsmarkt im zweiten Corona-Jahr als recht robust – auch die Zahl der sofort verfügbaren offenen Stellen ist mit 102.193 beim AMS gemeldeten Jobs weiterhin hoch.

Altbekannte Problemzonen

Die Problemfelder sind indes nicht kleiner geworden. Das ist zum einen die Langzeitarbeitslosigkeit und zum anderen die Arbeitslosigkeit bei über 50-Jährigen. Ende Dezember 2021 fanden mit 115.743 Betroffenen um 20.877 Personen mehr als im Vergleichszeitraum 2019 über ein Jahr lang keinen Job. Fast ebenso groß ist mit 110.054 Personen die Gruppe der über 50-Jährigen, die beim AMS arbeitslos gemeldet sind, 2019 lag dieser Wert bei 110.866 Personen. Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) sieht dennoch Erfolge: 2020 sei die Zahl in dieser Altersgruppe mit 143.710 noch höher gewesen. Mit 124.482 Personen, die im Jahresverlauf insgesamt aus der Arbeitslosigkeit wieder in eine Beschäftigung vermittelt wurden, habe es auch bei der Vermittlung älterer Menschen Fortschritte gegeben. Das Thema Langzeitarbeitslosigkeit bleibe aber eine "große Herausforderung", räumt Kocher ein.

Grafik: STANDARD

AMS-Chef Johannes Kopf bleibt trotz der Corona-bedingten Wolken positiv gestimmt. Die AMS-Prognosen für 2022 seien "sehr optimistisch". Kopf verweist darauf, dass verglichen mit dem vorigen Jahreswechsel die Arbeitslosigkeit im Tourismus um die Hälfte zurückgegangen ist. Die stärksten Rückgänge (siehe Grafik) gibt es folgerichtig in den Bundesländern Tirol (um 52 Prozent) und Salzburg (um 46,6 Prozent). Dass die Erholung des Städtetourismus nur schleppend verläuft, zeigen die Zahlen in Wien. In der Bundeshauptstadt ist der Rückgang mit 15,2 Prozent am geringsten – die absoluten Zahlen bleiben mit 157.994 Betroffenen hoch.

Mehr Joboffensiven

Arbeiterkammer (AK), Gewerkschaftsbund (ÖGB) und SPÖ drängen nun auf mehr Engagement. AK-Präsidentin Renate Anderl fordert "volle Kraft, um den Arbeitsmarkt wieder in Ordnung zu bringen". Es brauche Joboffensiven in Schlüsselbereichen wie Elementarpädagogik, Bildung, Pflege, Digitalisierung und Ökologisierung und eine bessere Vereinbarkeit von Job und Familie. Sie habe "das Jammern nach Fachkräften satt, wenn ich sehe, dass Betriebe immer weniger selbst ausbilden". Ingrid Reischl, leitende ÖGB-Sekretärin, fordert "Arbeitsstiftungen im Bereich der Pflege oder auch die längst überfällige Umsetzung einer Umweltstiftung." SPÖ-Sozialsprecher und Chef der Bau-Holz-Gewerkschaft Josef Muchitsch bringt Anreize wie ein Ausbildungsgehalt von 1.700 Euro in der Pflege sowie einen Umstiegsbonus von 500 Euro für jene, die sich zu Pflegekräften umschulen lassen wollen, ins Spiel. FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch wirft der Regierung vor, sie habe keine Antworten auf das Problem Langzeitarbeitslosigkeit. (Regina Bruckner, 3.1.2022)