Der Trainer der Schweizer Ski-Herren, Thomas Stauffer, spricht sich gegen Kadervorgaben aus.

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Der Unmut brach sich nur punktuell Bahn. Kurz vor Jahreswechsel beklagte Andreas Puelacher die Probleme, die auf ihn als Rennsportleiter der männlichen Alpinen im Österreichischen Skiverband (ÖSV) bei der Nominierung des Teams für die Olympischen Spiele von Peking zukommen. "Klar macht es das schwieriger", sagte der Tiroler zur Vorgabe, gleich viele Frauen und Männer im maximal 22-köpfigen Aufgebot für die alpinen Skirennen unterzubringen.

Zwar weist eine aktuelle Quotenliste des internationalen Skiverbands Fis derzeit nur neun Männer des ÖSV aus, unter ihnen befinden sich aber acht Rennläufer, die in der aktuellen Saison schon auf das Podest fanden. Puelachers für die Frauen zuständiger Kollege Christian Mitter hat dagegen aktuell nur zwei Podestfahrerinnen anzubieten – in der Fis-Liste finden sich aber schon elf kalkulierte Starterinnen für die Spiele in China.

Schweizer Kritik an Kadervorgaben

Deutlicher als Puelacher ließ sich dessen Schweizer Kollege Thomas Stauffer zur von der Fis auf Drängen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) verordneten Geschlechterparität bei den Alpinen zitieren. Die Fis habe die Entscheidung in "ihrem Genderwahn" gefällt. "Wer diese Regel aufgestellt hat, hat nicht allzu viel überlegt. Das Reglement ist eine Frechheit, das Ganze hat mit Sport nicht mehr viel zu tun."

Stauffer, der es einst als Cheftrainer in Schweden gewohnt war, deutlich mehr chancenreiche Frauen als chancenlose Männer nominieren zu dürfen, vertritt ganz klar die Meinung, dass an der bisher geübten Praxis, ungeachtet des Geschlechts die Besten zu nominieren, festgehalten werden sollte. Als Trainer der Schweizer fürchtet er nun, Medaillenkandidaten zugunsten weniger chancenreicher Frauen zu Hause lassen zu müssen.

Überhang an Betreuern

Die Verwerfungen sind Resultat der olympischen Bemühungen, zumindest in der Frage der Gleichstellung von Sportlerinnen und Sportlern unangreifbar zu sein. Tatsächlich ist das IOC seinem Ziel, im Sommer 2024 in Paris die ersten tatsächlich "geschlechtergerechten Spiele" zu geben, schon recht nahe – jedenfalls wenn es um Köpfe der Aktiven und Sportarten geht. Auf dem Trainerinnensektor ist dagegen der Nachholbedarf noch gewaltig. Bei den verwichenen Sommerspielen in Tokio waren lediglich zehn Prozent der für Betreuung akkreditierten Personen Frauen.

Monobob-Medaillen

Die Sportarten werden inzwischen nahezu lückenlos gespiegelt. In Peking werden erstmals olympische Medaillen für Mixed-Bewerbe im Skispringen, Snowboard-Cross, Ski Freestyle Aerials und Short Track ausgelobt. Bei Aufnahme des Big Air im Skifreestyle war es eine Selbstverständlichkeit, dass Frauen und Männer zum Zug kommen. Und auch ein zweiter Bobbewerb für Frauen ist im Programm, mangels konkurrenzfähiger Viererteams geht es allerdings im gewöhnungsbedürftigen Monobob um Medaillen.

Noch auf der Warteliste ist die nordische Kombination der Frauen. Aufs Konto der Kombinierer und der Skispringer, die mit 3:1-Bewerben die Skispringerinnen überflügeln, geht auch das Verhältnis von 52:46-Medaillenentscheidungen zugunsten der Männer bei den Spielen, die am 4. Februar gewiss feierlich eröffnet werden.

Vonseiten des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC) wird die Entwicklung freilich begrüßt. "In Peking wird die Frauenquote bei 48 Prozent liegen, um sechs Prozent höher als vor vier Jahren in Pyeongchang. Auch da wird’s langfristig komplette Gleichheit geben müssen", ließ Generalsekretär Peter Mennel wissen. Das ÖOC nominiert sein Team erst Ende Jänner. 2018 wurden 40 Frauen und 65 Männer nach Südkorea entsandt. (Sigi Lützow, 4.1.2022)