Hatte in seiner Amtszeit reichlich zu tun: Bundespräsident Alexander Van der Bellen.

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Es gibt eine Karikatur, auf der ist Alexander Van der Bellen zu sehen. Neben ihm sitzt sein Hund mit Zigarette im Maul. Beide schauen aus dem Fenster der Hofburg, in die sie damals gerade erst eingezogen waren. "Pfoah, des wird fad", ließ man Van der Bellen da noch sagen. Es kam völlig anders. Die bald fünf Jahre Amtszeit als Staatsoberhaupt wurden deutlich turbulenter als gedacht. Eine politische Krise jagte die nächste. Sechs Regierungen lobte Van der Bellen als Bundespräsident an, dazu dutzende Ministerinnen und Minister. "Wir haben schon Übung in den Dingen", sagte der 77-Jährige einmal, als er durch die Tapetentür schritt.

Was seine Wiederkandidatur heuer im Herbst anlangt, lässt sich der geübte Routinier aber vor allem eines: viel Zeit. Seit längerem wird gemunkelt, dass Van der Bellen zwar für eine zweite Amtsperiode bereit sei. Vor Monaten ging sogar schon das Gerücht um, dass man längst an einer Strategie für den Wahlkampf feile. Aber in der Kanzlei des Präsidenten lässt man sich noch nicht in die Karten blicken.

In den Reihen anderer Parteien glaubt man, dass sich dahinter schlicht Taktik verbirgt. Van der Bellen kann so die Kampagnen seiner möglichen Gegnerinnen und Gegner verkürzen. Bei einem Nichtantritt, mit dem derzeit wirklich niemand ernsthaft rechnet, könnte dies notfalls auch einem Alternativkandidaten nützen. Hier soll aufseiten der Grünen Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober in den Startlöchern scharren, heißt es.

Eine rote Ansage

Bisher hat sich allerdings auch noch keine Kandidatin oder ein Kandidat der übrigen Parteien offiziell aus der Deckung gewagt, um sich mit Van der Bellen um die Hofburg zu duellieren. Man weiß, dass der ehemalige Bundessprecher der Grünen in der Bevölkerung große Beliebtheit genießt. Im aktuellsten APA/OGM-Politikerindex ist Van der Bellen der Bundespolitiker, der mit Abstand die besten Vertrauenswerte aufweist, weshalb man einen Wahlkampf gegen ihn da und dort wohl als aufsichtlos empfindet.

So ließen sich zumindest bisher die Wortmeldungen der SPÖ, immerhin zweitstärkste Kraft im Land, dazu verstehen. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig gab schon vor längerer Zeit die Parole aus, wonach die Roten Van der Bellen unterstützen sollten. Das will auch das SPÖ-Urgestein Doris Bures tun, was einer Absage gleichkam. Denn die Zweite Nationalratspräsidentin soll lange auf eine Präsidentschaftskandidatur gespitzt haben.

Was die SPÖ tatsächlich zu tun gedenkt, ist unklar. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner will abwarten, was Van der Bellen macht, und dann zu einem gegebenen Zeitpunkt entscheiden. In dieses Vakuum sticht nun Burgenlands Landhauptmann Hans Peter Doskozil. Dieser besteht auf einem Antreten der SPÖ bei der Hofburg-Wahl: "Wenn man als größte Oppositionspartei zu Recht der Meinung ist, dass diese Regierung schwer handlungsfähig ist", sagte Doskozil der Krone, "dann wird man den eigenen Sympathisanten schwer erklären können, weshalb man einen Kandidaten der Regierungsparteien unterstützt." Wer für die SPÖ ins Rennen um die Hofburg gehen könnte, bleibt aber ein großes Fragezeichen.

Schmerzhafte Erinnerung

Es wird eine Frage der Konkurrenzfähigkeit bleiben. Die scheint aus heutiger Sicht stark begrenzt. Wie schmerzvoll das enden kann, erlebten SPÖ und ÖVP bei der Wahl 2016. Damals erreichten Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol (ÖVP) im ersten Durchgang je vernichtende elf Prozent.

Diesmal haben es die Türkisen etwas leichter. Dort sprachen sich bereits einige Parteigranden dafür aus, Van der Bellen unterstützen zu wollen, wenngleich dem erfahrenen EU-Parlamentarier Othmar Karas grundsätzliche eine Lust auf das Amt des Bundespräsidenten nachgesagt wird. Der Kanzlerpartei fiele ein möglicher Nichtantritt bei der Hofburg-Wahl argumentativ aber nicht besonders schwer. Immerhin würde man darauf verzichten, einen Kandidaten gegen jenen des Koalitionspartners aufzustellen.

Abwartend zeigt man sich auch bei den Neos. Dort hofft man auf eine baldige Entscheidung Van der Bellens, dem man grundsätzlich eine gute Arbeit bescheinigt.

Zwar noch nicht entschieden, aber etwas deutlicher wirkt die Situation bei den Freiheitlichen. Dort dürfte Van der Bellens ehemaliger Kontrahent um die Präsidentschaft, Norbert Hofer, neuerlich antreten. Zumindest wurde Hofer unter anderem mit diesem Argument von seinem Nachfolger als FPÖ-Chef, Herbert Kickl, vor ein paar Monaten durchaus unsanft vom blauen Thron gestoßen. (Jan Michael Marchart, Fabian Schmid, 4.1.2022)