Prävention ist nicht besonders sexy. Da werden viele Ressourcen aufgewendet, um etwas zu verhindern, das womöglich ohnehin nie passiert wäre. Und wenn die Präventionsmaßnahmen erfolgreich waren, dauert es nicht lange, bis deren Sinnhaftigkeit infrage gestellt wird. Das gilt für das Individuum wie für die Politik – und besonders die Corona-Pandemie führt uns diese Variante des sogenannten Präventionsparadoxes besonders eindrucksvoll vor Augen.

Das Verständnis der Bevölkerung für so grundrechtsinvasive Maßnahmen wie einen Lockdown ist mittlerweile gering.
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Man sieht das beispielsweise an den Zeitpunkten, an denen bisher Lockdowns verhängt wurden: Mit Ausnahme des allerersten kam die Notfallmaßnahme immer dann, wenn es irrsinnig knapp wurde. Zuletzt, bei der fünften Welle, standen einige Bundesländer schon davor, einzelne Patientinnen und Patienten nicht mehr behandeln zu können. Gleichzeitig ist das Verständnis der Bevölkerung für so grundrechtsinvasive Maßnahmen mittlerweile gering, weshalb ein Zusperren bei einem mittelschweren Infektionsgeschehen, aber alarmierenden Prognosen politisch kaum kommunizierbar geworden ist.

Wie soll die Politik damit umgehen? Erst kurz vor dem Crash zu bremsen ist ein Hazardspiel. Es braucht langfristig mehr Verständnis für Prognosen, aber auch politische Bildung. Denn mit der Klimakatastrophe steht uns das nächste große Problem ins Haus, das derzeit noch abstrakt wirkt, aber schon jetzt starker Maßnahmen bedarf – und das sich nicht mit ein paar Wochen Lockdown lösen lassen wird. (Fabian Schmid, 4.1.2022)