Fast bekommt man das Gefühl, Europa befindet sich in einer Zeitschleife. Das Coronavirus verbreitet sich rasant, zahlreiche Länder verhängen neue Maßnahmen. 2022 ist es nun Omikron, eine offenbar besonders ansteckende Virusvariante, die den Kontinent erobert: In Österreich wurden vergangene Woche erstmals mehr mit Omikron als mit Delta Infizierte registriert.

Die Omikron-Variante sorgt in Krankenhäusern derzeit für keine Höchststände an Patientinnen und Patienten.
Foto: APA/BARBARA GINDL

In vielen Ländern werden bereits Vorbereitungen getroffen, wie mit einer massiven Welle an Infektionen umgegangen werden kann. Eine diesmal weit verbreitete Vorsorgemaßnahme sorgt bei manchen aber für Stirnrunzeln: Trotz steigender Fallzahlen werden die Regeln für Infizierte – oder zumindest ihre Kontaktpersonen – entschärft. Einige Staaten haben bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. Und auch in Österreich ist längst eine Diskussion über Quarantäne-Verkürzungen entfacht.

Bund-Länder-Treffen am Feiertag

Am Donnerstag, dem Dreikönigstag, werden die heimische Bundesregierung, die Landeshauptleute sowie Expertinnen und Experten zu einer Videokonferenz zusammenkommen. Danach soll eine Pressekonferenz stattfinden, bei der neuerliche Änderungen der aktuellen Corona-Maßnahmen verkündet werden könnten. Bereits davor tagt Gecko, das sogenannte gesamtstaatliche Covid-Krisenkoordinationsgremium.

Die Mitglieder seien mit einigen Fragen rund um Omikron und die aktuellen Entwicklungen befasst worden, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Konkreter will man dort noch nicht werden. Vor allem gehe es aber auch um Evaluierungsergebnisse der aktuellen Maßnahmen. Es gelten in Österreich bekanntlich weiterhin ein Lockdown für Ungeimpfte sowie Einschränkungen wie etwa eine frühere Sperrstunde in Lokalen.

Länder für kürzere Quarantäne

Am Montag sprachen sich nun aber bereits mehrere Landeschefs für eine baldige Quarantäneverkürzung aus. Hintergrund der Überlegung ist, dass durch die schnelle Verbreitung von Omikron bald so viele Menschen gleichzeitig ausfallen könnten, dass Teile der Versorgung in Österreich nicht mehr gewährleistet wären. Darüber hinaus zeigen erste wissenschaftliche Erkenntnisse, dass die meisten Ansteckungen mit der Omikron-Variante bereits früh im Krankheitsverlauf stattfinden.

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) erklärte in den "Oberösterreichischen Nachrichten", die Quarantäneregelungen müssten "bundesweit einheitlich überarbeitet beziehungsweise Quarantänezeiten verkürzt werden, um die zu befürchtenden Personalausfälle abzufedern und insbesondere die kritische Infrastruktur zu schützen". Kärntens roter Landeschef zog im ORF-Radio nach: Sollten Expertinnen und Experten die Forderung mittragen, sei auch er für kürzere Isolationszeiten.

Zuvor hatte Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) bereits im STANDARD die Forderung einer Quarantäneverkürzung auf "fünf Tage bis eine Woche" erhoben. Im Gesundheitsministerium heißt es, man wolle den anstehenden Beratungen nicht vorgreifen. Ausgeschlossen wird eine mögliche Verkürzung der Absonderung in Regierungskreisen aber jedenfalls nicht. Wie eine solche Regelung ausgestaltet sein könnte, da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Man könnte die Regeln etwa nur für gewisse Berufsgruppen lockern. Fraglich ist auch, ob eine Verkürzung lediglich für Kontaktpersonen gelten soll oder auch für die Infizierten selbst.

Mancherorts sind die Prognosen jedenfalls düster. Der Krisenstab des Landes Oberösterreich rechnet mit einem Anstieg der Sieben-Tage-Inzidenz im Lauf der kommenden Tage und Wochen auf bis zu 4.000 – und mit 60.000 bis 70.000 gleichzeitig infizierten Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern. Das "entspricht einem Lockdown", sagt Tilman Königswieser, Mitglied des Landeskrisenstabs und Leiter des Salzkammergut-Klinikums Gmunden.

Immerhin sieht es aber so aus, als würde Omikron leichtere Krankheitsverläufe mit sich bringen. Das wird auch in Österreich beobachtet. Durch die vielen Infektionen, die gleichzeitig stattfinden könnten, drohe das System dennoch überlastet zu werden, warnen Fachleute. Mehrere Landeshauptmänner betonten am Montag deshalb erneut, dass die Impfung und der Drittstich wichtig seien.

Durch Omikron wird ein Ausfall von viel Personal befürchtet – wie etwa beim britischen Gesundheitsdienst.
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Debatte auch in Deutschland

Auch in Deutschland wird derzeit über eine Verkürzung von Quarantäne und Isolation diskutiert. Hier kommen Bund und Länder am Freitag erneut zur Beratung über neue Corona-Maßnahmen zusammen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte bereits vorab eine Änderung der Quarantäneverordnung an.

Die Frage sei für ihn, wie lang die Quarantäne zum Beispiel für diejenigen dauern müsse, die in der kritischen Infrastruktur arbeiteten, in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern. Ob Lauterbach nur eine Verkürzung der Quarantänefristen für Kontaktpersonen oder kürzere Isolationszeiten für Infizierte erwägt, blieb vorerst offen.

Dass durch Omikron viel Personal auf einmal ausfallen kann, hat Großbritannien bereits zu spüren bekommen. Über den Jahreswechsel fehlten dem britischen Gesundheitsdienst NHS etwa zehn Prozent der Belegschaft – und das, obwohl im Vereinigten Königreich bereits vor Weihnachten die Isolationsdauer für Infizierte von zehn auf sieben Tage verkürzt wurde.

Ob die Betroffenen geimpft sind oder nicht, spielt keine Rolle. Voraussetzung ist lediglich ein negatives Testergebnis.

Auch in mehreren anderen Ländern ist eine Verkürzung der Fristen bereits Realität: Seit vergangener Woche müssen Infizierte in Irland, Spanien und Portugal ebenfalls nur noch sieben statt zehn Tage in Isolation. Voraussetzung ist in Irland allerdings, dass sie bereits ihre Auffrischungsimpfung erhalten haben. In Portugal müssen die Betroffenen asymptomatisch sein.

Griechenland ging vergangene Woche noch einen Schritt weiter und ordnete selbst positiv Getesteten nur noch fünf statt zehn Tagen Isolation an. Voraussetzung sei, dass sie keine oder nur milde Symptome haben und noch Maske tragen. Athen orientierte sich dabei an der Seuchenbehörde CDC, die Anfang vergangener Woche eine Empfehlung für die USA in diese Richtung ausgesprochen hatte. Dort waren über die Weihnachtsfeiertage tausende Flüge ausgefallen, weil Personal fehlte.

Kontaktpersonen müssen in Griechenland nur noch fünf Tage in Quarantäne und brauchen danach einen negativen Test. Für geboosterte Kontaktpersonen entfällt die Quarantäne komplett.

Italien und Frankreich lockern

Auch in Italien hat man die Quarantäne für geboosterte, kürzlich geimpfte oder genesene Kontaktpersonen gestrichen – wenn sie keine Symptome aufweisen. Für sie gilt die Verpflichtung zur Selbstüberwachung und das Tragen einer FFP2-Maske für zehn Tage. Keine Änderung gibt es für ungeimpfte Personen: Die Quarantäne bleibt bei zehn Tagen. Auch bei der Isolation von infizierten Personen gibt es vorerst keine Änderung.

In Frankreich müssen vollständig Geimpfte seit Montag im Fall einer Infektion nur noch sieben Tage in Isolation. Sie kann mit einem negativen Test auf fünf Tage verkürzt werden. Für nicht oder nicht vollständig Geimpfte bleibt es bei einer Isolation von zehn Tagen, die mit einem negativen Test auf sieben Tage verkürzt werden kann. Ungeimpfte müssen weiterhin sieben Tage in Quarantäne.

In Südafrika, wo die Omikron-Variante als Erstes nachgewiesen worden war, wurden ebenfalls die Regeln verändert – aber in die andere Richtung: Nachdem bereits im Dezember viele Menschen in der kritischen Infrastruktur ausgefallen waren, verkündete man vergangene Woche, die Quarantäne für asymptomatische Kontaktpersonen vollkommen aufzuheben.

Sie sollten lediglich ihren Gesundheitszustand für fünf bis sieben Tage beobachten und Menschenansammlungen meiden. Nur wer auch Symptome entwickelte, musste sich testen lassen. Diese Woche wurde die Regelung wieder zurückgenommen. (Noura Maan, Katharina Mittelstaedt, 3.1.2022)