Deutsche Waffenhersteller sehen sich in ein fragwürdiges Licht gestellt. Sicherheit sei die Basis von Nachhaltigkeit, argumentieren sie.

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Berlin – Die deutsche Rüstungsindustrie befürchtet einem Zeitungsbericht zufolge Finanzierungsprobleme aufgrund neuer Pläne der EU-Kommission. Demnach soll die Industrie künftig als nicht nachhaltige Branche in der EU eingestuft werden, berichtete die Zeitung "Bild". Der Bundesverband Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) sagte auf Anfrage des Blatts, den Rüstungs- und Zulieferfirmen werde dadurch der Geldhahn abgedreht.

Banken würden schon jetzt Konten und Geschäftsbeziehungen kündigen. Der Vorstandschef von Rheinmetall, Armin Papperger, sagte der "Bild"-Zeitung, sein Konzern sei zwar "sehr gut und solide finanziert" und habe hohe Liquiditätsreserven, "aber wir waren dennoch sehr enttäuscht, dass langjährige Geschäfts- und Kreditbeziehungen mit Banken, darunter zwei Landesbanken, von diesen einseitig beendet wurden".

"Ins halbseidene Eck gestellt"

Unverständnis über die Europäische Union herrscht demnach auch bei der deutschen Waffenschmiede Heckler & Koch. "Es sind Pistolen von uns, mit denen unsere Polizisten täglich auf der Straße sind, es waren Sturmgewehre von uns, mit denen die Bundeswehrsoldaten im Sommer in Kabul Menschen vor den Taliban gerettet haben. Und dafür werden wir von Banken und der EU in eine halbseidene Ecke gestellt", sagte Finanzvorstand Björn Krönert der Zeitung. "Was ist anrüchig und fragwürdig daran, für die Sicherheit unseres Landes sowie anderer Staaten der Nato oder EU zu arbeiten? Sicherheit ist nun einmal die Basis und das Kernelement von Nachhaltigkeit."

Auf EU-Ebene wird um Leitlinien für grüne sowie nachhaltige Investitionen gerungen, die sogenannte Taxonomie.

EU-Bevölkerung bei Atomkraft gespalten

In Österreich sorgte vor allem die geplante Einstufung von Atomkraft und Erdgas als nachhaltige Investitionen für Kritik. Die Ablehnung der Atomenergie ist aber bei weitem nicht in allen EU-Staaten so groß wie in hierzulande. Laut einer im Vorjahr durchgeführten Eurobarometer-Umfrage halten sich positive und negative Erwartungen an die Nuklearforschung mit je 46 Prozent die Waage. Dies aber nur wegen der deutlichen Ablehnung in Deutschland (69 Prozent) und der großen Skepsis in Frankreich (45 Prozent). In den meisten kleineren EU-Ländern sieht die Bevölkerung die Nuklearforschung großteils positiv.

Insgesamt 46 Prozent der Europäerinnen und Europäer trauen der Nuklearforschung in Summe positive Effekte zu, ebenso viele erwarten negative Auswirkungen. Weitere drei Prozent erwarten keinen Effekt, fünf Prozent machten keine Angabe.

Allerdings ergab die Umfrage massive Unterschiede zwischen den EU-Ländern. Besonders ausgeprägt ist die Skepsis in Deutschland und Österreich, wo nur 25 bzw. 30 Prozent der Kernenergie positive Auswirkungen zutrauen. Von negativen Effekten gehen 69 Prozent der Deutschen und 66 Prozent der Österreicher aus. Auch in Luxemburg und Griechenland überwiegt die Ablehnung. In Deutschland sollen heuer die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz gehen.

Fast genau im europäischen Durchschnitt liegt Frankreich, wo sich positive und negative Erwartungen mit je 45 Prozent die Waage halten. Auch in Spanien, Portugal, Dänemark und Belgien liegen Zustimmung und Ablehnung knapp beisammen.

In allen anderen EU-Ländern überwiegen dagegen die positiven Erwartungen an die Kernkraft – allen voran in Tschechien (79 Prozent) und Bulgarien (69 Prozent). In der Slowakei und in Schweden trauen je zwei Drittel der Nuklearenergie positive Effekte zu. Und in Finnland, wo erst im Dezember ein neuer Reaktor ans Netz genommen wurde, erwarten 60 Prozent positive Auswirkungen der Kernenergie – so viele wie in Polen. (APA, red, 4.1.2022)